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C64 Frust (viel Text)

  • Ich muss mal meinen Frust abladen.


    Dazu eine Vorgeschichte:

    Mein Bruder ist 2020 im Alter von 49 Jahren verstorben. Ich war mit ihm ganz dicke und es war ein heftiger Tiefschlag für mich (ich hatte das schonmal hier gepostet und viele von euch hatten mir bereits ihr Beileid dafür ausgedrückt).


    Mit meinem Bruder zusammen hatte ich in Bezug auf den C64 sehr intensive gemeinsame Erlebnisse. Nächtelang und viele, viele Nächte hatten wir durchgezockt und wetteiferten gegenseitig um die Highscores in verschiedenen Spielen.

    Ganz besonders angetan hatte uns das Spiel Elite. Während ich "nur" den Rang "Tödlich" erreichte, bevor das Abitur seinen Tribut forderte (und ich das Spielen weitestgehend einstellte), knackte er nach einer gefühlten Ewigkeit den Rang "Elite".

    Ganze Musikcassetten und Disketten wurden mit Spielständen zugeballert.


    Seinerzeit hatte ich mir selbst versprochen, dass ich mir mal später - wenn ich groß bin, mein eigenes Geld verdiene und eine eigene Wohnung habe - einen C64 in einem kleinen exklusiven Zimmer einrichten werde, nur um dauerhaft Elite zu spielen.


    35 Jahre später...


    Ich habe nun mittlerweile einen C64c. Begeistert und überenthusiastisch durch die vielen Anregungen in diesem Forum hier gleich noch eine Diagnostic Cartridge 586220 und eine Pi1541 dazugekauft (zusätzlich zur 1541II), Datasette fit gemacht, Cassetten und Disketten aus der alten Box im Schrebergarten reaktiviert und tatsächlich mit einigen Anlaufschwierigkeiten (C64 an TFT anschließen) das Dingen zum Laufen gebracht. Sogar das Spiel Elite läuft darauf.


    Und dann fing es an:


    Der 586220 warf etliche ICs als Bad aus (u.a. die beiden CIAs), was aber nicht so schlimm ist, an und für sich funktioniert die Kiste und ich kann mein Lieblingsspiel Elite auch mit den Tasten steuern (sogar effizienter als mit dem Joystick).


    Schlimmer, bzw. am schlimmsten war, dass alle bisherigen Spielstände meines Bruders nicht mehr lesbar waren. Meine eigenen Spielstände auch nicht, aber an denen meines Bruders hing ich doch ein wenig.

    Auch etliche der Spiele auf Cassette wollen nicht mehr.


    Nunja, Elite läuft aber. Und den Rang von damals, den kann ich mir ja locker wieder erspielen.


    Und dann...


    ...dann fiel mir wieder ein, wieso ich damals überhaupt aufgehört hatte, auf dem C64 zu spielen.

    Mit einem Beruf, einem Haus und zwei Kindern habe ich ja überhaupt keine Zeit mehr zu spielen! Elite hatte ich damals - neben der Schule - ca. vier bis sechs Stunden am Tag und das JEDEN Tag gespielt. Das ist jetzt überhaupt nicht mehr denkbar.

    Wenn ich so überschlage, kann ich in der Woche vielleicht ein bis zwei Stunden Zeit "verschwenden".


    Und das ist so der größte Frust an der Sache.


    Da steht die Maschine nun, prinzipiell voll einsatzfähig, hübsch ausgestattet mit Geld, das ich nun habe, und doch nicht nutzbar wegen der Zeit, die ich nicht mehr habe.

    Und ich fühle, wie ich in den nächsten Tagen vermutlich das ganze Ensemble wieder in eine Kiste packe und in die Hütte in den Schrebergarten stelle. Nur vorübergehend - selbstverständlich - bis ich mal wieder Zeit habe, na klar. Und wer weiß, in 35 Jahren - dann bin ich 85 - vielleicht... neinnein, ganz, GANZ bestimmt...


    Und irgendwie ist es mir so, als ob der Cursor im Startbildschirm mich dabei höhnisch anblinkt, während ich nur frustriert wütend zurückglotze und das Dingen zu Klump hauen könnte.


    Kann das jemand nachvollziehen?

  • Ich vermute Dir geht es da wie vielen. Und da brauchen wir garnicht den C64 hernehmen, das lässt sich auf alle Arten von Hobbies übertragen.


    Als Kind hatte man die Zeit, aber nicht das Geld. Heute hat man (hoffentlich eher) das Geld, aber Familie, Beruf und andere Verpflichtungen erfordern Ihre Zeit.


    Den einzigen Rat den ich Dir gaben kann ist, Dir Zeit für dieses, Dir wichtige, Hobby einzuplanen und zu fordern und zu nehmen. Auch ggf. der Familie gegenüber.

    Das soll jetzt nicht heißen die Scheidung einzureichen oder den Job zu kündigen, es geht darum sich diese Zeit fest in den Alltag zu integrieren. So wie, Freitag Abend ist mein Zockerabend, basta. Ab 20 Uhr verschwinde ich in meiner Höhle. Jeder Mensch braucht Zeit für sich. Diese Männerwellnesszeit muss man sich geben :-)


    Und nicht auf die Rente hoffen. Es kann jeden Tag vorbei sein. Nutzt Euer Leben mit dem was Euch Freude bereitet.

  • Ich kann das gut nach vollziehen. Ich arbeite zwischen 50 und 60 Stunden pro Woche ohne Überstunden.

    Ich hab Heute auch mehr Geld als damals. Aber dafür keine Zeit mehr.

    Geld ist eben nicht alles und mit Freizeit überhaupt nicht aufzuwiegen.

    Miyagi1980 hat recht. Man muss sich die Zeit nehmen und nicht darauf hoffen was in der Zukunft vielleicht einmal sein kann.

  • Geld ist eben nicht alles und mit Freizeit überhaupt nicht aufzuwiegen.

    Das ist richtig.


    Als ich meinem Chef in meiner Exfirma sagte: "ich würde gerne 20 Stunden weniger arbeiten die Woche um den halben Lohn"

    ... sagte mein Ex-Chef: "Gegenvorschlag, du arbeitest 15 Stunden mehr und ich zahl dir das doppelte"


    Jetzt arbeite ich in einer anderen Firma wo man meistens mit 37,5 auskommt.

    Der Verdienst ist zwar nur ein Bruchteil von früher, aber dafür habe ich viel Freizeit.


    Für mich ist Freizeit eigentlich das wichtigste inzwischen.

  • Ja, kann ich voll nachvollziehen. Aber es ist nunmal leider meistens so:


  • Die was?

    Ist ne fertige Cartridge.

    Die Carrtridge beinhaltet nur das Diagnose Programm.

    Das ist nur die halbe Miete ...


    Damit das Diagnose Programm richtig funktioniert, müssen sogenannte DONGLE an den ganze IO Ports angeschlossen werden.


    Die Dongles "beantworten" Zugriffe auf Hardware.

    Ausgänge werden quasi an Eingänge zurückgeführt.

    Wenn der Ausgang verändert wird, durch das Diagnose Programm, dann wird durch den DONGLE auch ein Eingang verändert.

    Das Diagnose Programm, kann dann durch den DONGLE gucken, ob ein Ausgang funktioniert und glz. auch ob der Eingang funktioniert.

  • Ah sooo! Habe in einigen Videos nur gesehen, wie die Cartridge alleine (also ohne weiteres Zubehör) lediglich in den Userport gesteckt wurde und dann alle ICs getestet und im Idealfall für gut befunden wurden.


    D.h., ohne Anschluss der entsprechenden Komponenten werden diese als Bad diagnostiziert?

    Das würde erklären, wieso Tape als Bad erkannt wurde, obwohl die Datasette leidlich gut funktioniert.

    Aber gilt das auch für die beiden 6526er? Die sind doch intern?


    (hätte ich erwähnen müssen, dass ich so gar keine Ahnung von der zugrundeliegenden Technik habe?)

  • Spiele auf Cassette sind eigentlich relativ unempfindlich gegen Verschleiß, meine alten Tapes gehen alle noch. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass deine alten Spielstände mit einer Datasette gespeichert wurden, deren Kopf anders justiert war als dein aktuelles Gerät. Da würde ich nicht so schnell aufgeben, sondern mal eine Kopfjustage vornehmen und weiter versuchen.

  • Zwar haben wir alten Säcke heute weniger Zeit pro Woche zur Verfügung als damals, aber dafür auch ein entspannteres Verhältnis zur den Jahren die durchs Land ziehen (man hat ja schon so viele erlebt). Ich spiele heute natürlich viel weniger, aber es stört mich gar nicht, wenn ich jahrelang brauche, um ein Spiel durchzuspielen. Gerade bei Spielen und Geräten, die ohnehin veraltet sind: da fühlt man sich durch keine Nachfolger oder neue Hardware oder Kumpels die schon weiter sind etc. unter Druck gesetzt.


    Einfach aufgebaut lassen den Kram und immer wenn Du Lust hast drangehen!

  • Aber gilt das auch für die beiden 6526er? Die sind doch intern?

    Die CIA Bausteine sind intern.

    Aber die CIA Bausteine sind IO Bausteine.


    Am CIA gibt es Ausgänge die man per Software steuern kann (0 Volt, 5 Volt).

    Ohne Messgerät kann man ja nicht feststellen, ob der Ausgang 0V oder 5V ausgibt.

    Per Software kann man das immer steuern, man weiß aber nicht, ob der CIA den Ausgang auch wirklich setzt.


    Der CIA hat aber auch Eingänge.

    Die messen ob an dem Anschluss 0V oder 5V sind.

    Die Software kann den Eingang lesen, aber sie weiß ja nicht, ob da wirklich 0V oder 5V sind.


    Wenn man Ausgänge und Eingänge verbindet (DONGLE), dann kann man den Ausgang setzen und muss das entsprechende Signal dann am Eingang sehen.

    Wenn das nicht so ist, dann ist bei dem CIA entweder ein Ausgang oder ein Eingang defekt.


    Eine automatische Kontrolle, ob die Hardware funktioniert, das geht nur über Dongle.

  • "Hobbyzeit fest einzuplanen" ist aber auch so ne Sache. Ich möchte einem Hobby ja frönen, wenn ich Lust dazu habe. Hat man Lust, hat man grad keine Zeit, hat man Zeit, dann hat man ggf. keine Lust. Dadurch werden die tatsächlichen Hobbyzeiten nochmals reduziert. Gerade aktuelle Videospiele sind von diesem Umstand betroffen. Man will sich ja auch nicht zum Zocken zwingen und sollte nur das tun, worauf man wirklich Bock hat.

  • Ich denke, eine der großen Enttäuschungen beim Wiedereinstieg in frühere Themen wie C64 & Co ist, dass man unbewusst erwartet, dass mit dem C64 auch das Leben, die Gefühle und die Prioritäten von früher wiederauferstehen. Dann ist man frustriert, wenn es nicht so ist wie früher und man versucht, manches zu erzwingen, was nicht funktioniert und noch Frust verursacht. Aber man ist 35 Jahre später eben auch ein anderer als früher und hat sich verändert und weiterentwickelt.


    Ich selbst merke, dass ich Zeit für den C64 nicht einplanen kann. Aber manchmal überkommt es mich, und dann ist es gut, wenn ein C64 betriebsbereit auf dem Basteltisch steht und man nicht erst lange aufbauen muss. Also sollte man es in deinem Fall vielleicht locker angehen lassen mit wenig Druck. Wie so viel anderes im Leben auch... ;)

  • Zu mir hat schon vor Jahren mal der Hausarzt gesagt, dass er mir nur den Tipp geben kann, auch "Freizeit für sich selbst" regelmäßig in den Terminkalender einzutragen. Das ist nicht unwichtiger als z.B. Zahnarztermin oder TÜV. "Selbstpflege" nannte er es damals.


    Und ich halte diesen Tipp auch nach Jahren immer noch für einen sehr guten. ;)

  • Auch ich kann das nur unterstreichen. Früher hatte man die Zeit und wenn man im falschen Elternhaus hockte nicht die Mittel sich so'ne Kiste hinzustellen. Heute bin ich wahrlicht nicht reich, aber ich habe eine ordentliche Sammlung von 8- und 16-Bittern, dass es locker für 2 Leben reicht und dann das ganze Zubehör, das ich mir damals ebenfalls nicht leisten konnte: Ein Modem, Speichererweiterung. Fesplatte, damals undenkbar als verspäteter A500 Besitzer.


    Heute habe ich so Schätze wie einen A2286, das A570 oder die A590. Eine 1555er etc etc ABER:


    Es fehlt echt die Zeit dafür. Ironie des Lebens. Schade, dass man sich nicht selbst anpumpen kann und seinem jüngeren ich alle die Schätze zukommen lässt, die momentan größtenteils im Schrank dümpeln. Zum Heulen!

  • Ich kann das sehr gut nachvoll ziehen. Früher ist man nach der Schule heim und der C64/Atari/Amiga usw... hat geglüht. Dann war es die Familie und Kind, wieder kaum Zeit. Mein Sohn ist mittlerweile Erwachsen und ausgezogen mit meiner Frau lebe ich in Scheidung.

    So stürze ich mich wieder komplett in meine Arbeit und habe auch keine Zeit! Obwohl ich mir eine gigantische Sammlung zugelegt habe die komplett verstaub oder teilweise noch in OVP ist weil ich keine Zeit habe.

    Heute habe ich Geld! Mehr als genug mir geht es finanziell wirklich sehr gut.... ABER ich war auch noch nie so einsam und unglücklich. Denn alles was im Leben wichtig ist: Liebe, Familie, Zeit, Gesundheit, Ehrliche Freundschaft kann man nicht kaufen egal wieviel Reichtum man sich angehäuft hat :-(

    Da hilft auch kein Blick aufs Konto oder es tröstet einen zu Daddeln... Kümmert euch um die wichtigen dinge im Leben :-) Nur meine persönliche Meinung!

  • lamer Das klingt nicht gut. Hast du dich aus Frust oder zur Ablenkung in deine Arbeit gestürzt und deswegen keine Zeit für den C64, Freunde, Familie...? Das könntest du doch auch problemlos wieder ändern, weil du schreibst, dir geht es finanziell sehr gut?

    Anders ist es ja, wenn man soviel arbeiten MUSS, weil die Kohle sonst nicht reicht. Freunde von uns haben ihre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden reduziert, weil sie es sich leisten können und erzählen uns immer das "man ja nur einmal lebt" und wir knirschen dann regelmässig mit den Zähnen und würden das auch gern so machen können.


    Ich plane auch schon seit Jahren meine Freizeit, weil ich sie mir sonst nicht nehme, aber häufig klappt das trotzdem nicht. Wenn z.B. abends mal Zeit für den C64 ist, bin ich meistens viel zu müde, den Rechner einschalten.