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letzter Beitrag von Thorsten Günther am

Atari 1040ST, und nun?

  • Hallo,


    mir ist kürzlich günstig ein defekter Atari 1040STFM in die Hände gefallen, welchen ich am Wochenende reparieren konnte. Der 2200uF Elko am 5V Ausgang im Netzteil hatte einen Kurzschluß.


    Nun mach ich so meine ersten Versuche mit diesem Gerät, und frage mich, was kann man wohl damit groß anfangen?
    Irgendwie ist das schon alles recht primitiv, wenn man einen Amiga gewöhnt ist. Nur Mono Sound, die Spiele sind bisher alle deutlich schlechter als am Amiga, vorallem der Sound. Einziger Vorteil, das Teil ist sofort nach dem Einschalten betriebsbereit. Aber irgendwie scheint mir der Desktop recht steif und primitiv, da fehlen mir Erweiterungsmöglichkeiten.


    Das ist das erste Mal, daß ich einen ST in den Fingern habe. Naja, er hat halt immer schon nur bestimmten Nieschen abgedeckt durch seine Midi-Fähigkeit und den 70Hz Bildschirm, und war nie der große Homecomputer. Kein Wunder, daß er sich da nie gegen den Amiga behaupten konnte. Kann ich jetzt auch irgendwie verstehen :)


    PS: Mir fehlen sämtliche Gehäuseschrauben für das Gerät, falls da jemand was übrig hat...

  • Ich persönlich finde den ST schon recht interessant, ein STE war zu meiner erfolglosen Studienzeit mein Rechner für die Hausaufgaben - insbesondere sind gut programmierte Spiele und Demos beeindruckend, wenn man weiß, daß der 68000 in der Kiste praktisch alles alleine machen muß - vom Mauspfeil bis zum Scrolling in "Turrican II". Der ST ist technisch eher mit dem Schneider CPC vergleichbar (quasi ein CPC mit ordentlich Bums unter der Haube - und sogar mit "Trantor" und "Potsworth & Co.") als mit dem Amiga.


    Ansonsten gibt es eine ganze Menge exklusive Spiele dafür, zum Teil auch für dem Schwarzweißmodus (etwa Esprit, den Vorgänger von Oxyd, oder Spacola): guckstu.


    Der 1040STF/STFM hat sich übrigens ziemlich oft verkauft, was meinst Du, warum man den auf eBay genau so billig bekommt wie einen Cevi oder A500? Er war lange Zeit deutlich billiger als ein Amiga, und für typische SOHO-Anwendungen (Highlights u.a. Papyrus Gold, Texel, Phoenix, Technobox CAD, Calamus,...) kam ein Amiga aufgrund der unergonomischen Bildschirmdarstellung kaum in Frage.


    Thorsten

  • Aus Sicht eines Amiga-Users ist das aber schon ein ziemlicher Abstieg. Wenn man dann noch sieht, dass die Dinger zeitgleich auf dem Markt waren, sieht man doch, dass der ST nur ein billiger Abklatsch war, mit dem Tramiel Commodore einen auswischen wollte, und auf die schnelle lieblos was zusammenkleistern lies. Passenderweise (zum Kleister) heißt der wichtigste Customchip im Atari auch "Glue".


    Dass die billig sind, hat noch einen Grund: Es wurden viele verkauft, genau wie auch Medion-PCs. Das heißt aber nicht dass die auch gut waren. Der niedrige Preis resultiert in erster Linie aus der niedrigen Nachfrage.

  • Der ST war halt nicht als Spielmaschine konzipiert, aber er ist dennoch - wie schon erwähnt wurde- eine ausgezeichnete Arbeitsmaschine. Verwechsle nicht deinen Anspruch an einen Rechner mit der Qualität eines Rechners der nicht für deine Zielgruppe gebaut wurde ;)
    Der ST war nicht umsonst sehr dominant bei CAD/MIDI-Geschichten, dass waren halt seine Stärken.

  • In einem professionellen Gehäuse, besserer Tastatur und entsprechendem Marketing wäre der ST ein Macintosh-Killer gewesen. Vermarktet und gedacht war er aber durchaus als Amiga-Killer. Der ST wurde eher trotzdem relativ erfolgreich, hatte dann aber aufgrund des falschen Marketings an der potentiellen Zielgruppe vorbei das Nachsehen gegenüber Amiga und Mac. Interessanterweise sind ja damals sehr viele ST-User direkt zum Mac gewechselt, während die Zocker vom Amiga zum PC gewechselt sind.

  • DrZarkov: ein Mac-Killer wäre der ST nicht nur gewesen, er war es in Europa lange Zeit, schon aufgrund Apples Preispolitik und der gleichzeitigen Existenz von Emulatoren (Spectre GCR, Aladin und wie sie alle hießen). Den Atari ST im professionellen Gehäuse mit besserer Tastatur gab es übrigens ab 1987, er hieß "Mega ST" und hatte sogar einen internen "Mega-Bus", der meist für Grafikkarten genutzt wurde.


    Was Atari aber verschlief, war die Entwicklung schnellerer Hardware - der TT030 war zu teuer und hatte zu lange Entwicklungszeiten mit mehreren Änderungen (deshalb läuft das Mainboard mit dem ST-RAM auch auf 16MHz und nur CPU und Fast-RAM auf 32 MHz), der Mega STE und der Falcon030 waren "too little, too late", zumal es 16-Mhz-Erweiterungen für die normalen STs, die dieselbe CPU-Leistung hatten wie der Mega STE (die STE-Features wurden von kaum einer Software unterstützt), bereits ab 1990 von Drittherstellern zu kaufen gab, ebenso gab es Übertaktungs-Schaltungen für den Diskettencontroller, um HD-Diskettenlaufwerke verwenden zu können, lange vor Ataris AJAX. Hätte Atari die Mega STs z.B. mit 12 MHz und bereits den 1040STE mit 16MHZ veröffentlicht und letzteren mit dem angekündigten 256-Farb-Modus (meinetwegen auch in nur 160x200 statt 320x200), hätte man das Geschäft vielleicht noch ein Jahr länger betreiben können und evtl. noch den Falcon040 und die Microbox herausbringen können, aber dann wäre wohl Schluß gewesen, denn Anfang der 1990er kamen Apples LC-Modelle und - noch viel wichtiger - die billigen 386er/486er mit VGA-Grafik so richtig in Schwung und gruben Atari - wie kurz darauf auch Commodore - das Wasser ab.


    Thorsten

  • Moin,

    mir ist kürzlich günstig ein defekter Atari 1040STFM in die Hände gefallen, welchen ich am Wochenende reparieren konnte. Der 2200uF Elko am 5V Ausgang im Netzteil hatte einen Kurzschluß.

    Schau Dir auch mal die beiden 330 µF Elkos auf der rechten Seite des Netzteiles genauer an. Die neigen oft dazu, den Hut abzunehmen und beim Ausfall einer der beiden Elkos wird der andere meist mitgerissen. Und das führt dann gern dazu, daß mal deutlich mehr als +5 Volt am 5 Volt Zweig anliegen und Du die ganze Kiste dann gleich entsorgen kannst.


    Gruß, Jürgen

  • Soweit ich mich aber erinnern kann, ist mir da nichts aufgefallen. Ich schau mir die Teile normal schon genau an. Daß defekte Elkos aber für Überspannung sorgen können, ist mir neu...


    Ich weiß auch den genauen Hintergrund nicht mehr, das ist alles fast 20 Jahre her, wo ich regelmäßig (beruflich) STs repariert habe. Aber diese beiden Elkos waren ein ständiges Problem bei 1040 STs mit Defekten. Und es gab mindestens 4-5 Fälle, bei denen derartig defekte Netzteile erhöhte Spannungen produziert haben. Da kaum exakte Schaltunterlagen für alle 7? 8? Modelle der 1040er Netzteile zu haben waren, kann ich Dir auch nicht mehr genau sagen, woran es lag. Nur die "Folgen" hatte ich oft genug auf dem Tisch...


    Gruß, Jürgen

  • Auf einem 1040ST lässt sich wunderbar Paradroid '90 spielen! Da hats nicht nur die gleich tolle Grafik wie bei der Amiga-Version, sondern obendrein einen wesentlich besseren Sound, da hier ein echter Synthi werkelt.
    Zum Paradroid zocken nehm ich auch heutzutage lieber nen ST-Emu (aus Mangel an Echt-STs), als auf andere Hardware auszuweichen.

  • Ich hatte damals (TM) einen Mega ST4 und dessen externe Tastatur war schon einiges besser als die vom normalen ST (nebenbei hatte er auch einen Blitterchip, der dem normalen ST fehlte und eben 4 MB RAM). Ergänzend habe ich mir ein zusätzliches Tastenset gekauft, dessen Kappen sich nach oben stärker verjüngen und dadurch Fehltipper verringern konnte. Zusätzlich gab es dazu kleine Leisten, die man auf die Tastaturplatte kleben konnte, um die Anschlaghärte zu verbessern. Desweiteren hatte ich eine 105-MB-SCSI-Festplatte mit Adapter und eine kleine Auflösungserhöhung (ca. 700 x 480 Pixel) intern verbaut. Damit konnte man damals schon ganz gut arbeiten.


    Hauptsächlich habe ich damit DTP gemacht (Calamus) aber natürlich auch ein wenig Pixel-Grafik, Vektor-Grafik, Textverarbeitung, Datenbanken etc. Gespielt habe ich auch ein wenig aber wegen des S/W-Schirms war die Auswahl dann doch nicht riesig (dem Mega ST fehlte ein TV-Modulator, wie ihn der 1040 STFM hatte). Man kann sagen, dass in Deutschland der ST hauptsächlich zum Arbeiten verwendet wurde (90% Monochrom-Bildschirm – halt der "Jackintosh"), während er in England und USA oft als günstige Spiele-Maschine eingesetzt wurde. Die meiste ST-Profi-Software stammte daher auch aus Deutschland, was die Kommunikation mit den Programmierern auf Messen deutlich vereinfachte. Da konnte man auf der CeBIT jemandem am großen Atari-3rd-Party-Gemeinschaftsstand ein Problem schildern und 2 Tage nach der Messe kam ein Update mit genau diesen Fehlerbehebungen. In Zeiten vor dem großen WWW-Boom war das schon wirklich klasse.

  • Das ist das erste Mal, daß ich einen ST in den Fingern habe. Naja, er hat halt immer schon nur bestimmten Nieschen abgedeckt durch seine Midi-Fähigkeit und den 70Hz Bildschirm, und war nie der große Homecomputer. Kein Wunder, daß er sich da nie gegen den Amiga behaupten konnte. Kann ich jetzt auch irgendwie verstehen


    Ganz so schlecht ist der ST auch nicht. Gerade bis 88 oder 89 war das Spieleangebot auf dem Amiga ja noch ziemlich mager und viele Spiele waren nur 1:1 Umsetzungen vom ST. Die spielen sich dann tendenziell auf dem ST etwas besser. Vieles wurde auch garnicht auf den Amiga umgesetzt.
    Als C64 und Amiga user ist man auch verdammt verwöhnt was Sound und Scrolling angeht...
    Gibt aber auch für den ST durchaus spielenswerte Spiele und das Schöne ist, das man die auch ohne grössere Klimmzüge wieder auf Diskette bekommt. Einfach mal durchprobieren, am besten Spiele, die man nicht vom Amiga kennt...;)
    Wenn ich mir ansehe, wie viele Spiele es für den ST gibt, kann ich mir nicht vorstellen, das der nur "ernsthaft" genutzt wurde. Irgendjemand wird die Spiele ja auch gekauft haben.
    Es gibt jedenfalls (gefühlt) wesentlich mehr ST Spiele als PC spiele aus Mitte/Ende der 80er.


    Gruss, Andreas

  • Sowas wie einen Software-Reset(Affengriff) gibts beim ST nicht?


    Auch hab ich noch keine vernünftige Beschreibung der Oberfläche gefunden, das original Handbuch ist da ja sehr sparsam. Gibts z. B. auch so eine Tastenkombination, um aus einem Programm wieder zum GEM zu kommen und zurück?


    Kann ich so auch irgendwie mehrere Programme parallel laufen lassen?


    Oder bin ich da noch zu sehr amigaorientiert :)

  • Sowas wie einen Software-Reset(Affengriff) gibts beim ST nicht?


    Es gibt Control-Alt-Delete und Control-Alt-Right Shift-Delete (letzteres bewirkt einen Kaltstart), allerdings WIMRE erst ab TOS 1.04.


    Zitat


    Auch hab ich noch keine vernünftige Beschreibung der Oberfläche gefunden, das original Handbuch ist da ja sehr sparsam. Gibts z. B. auch so eine Tastenkombination, um aus einem Programm wieder zum GEM zu kommen und zurück?


    Aus GEM-Programmen kommt man typischerweise mit Control-Q (Quit) wieder zurück zum Desktop (es gibt aber auch andere Tastenkombinationen), aus anderen Anwendgungen: siehe Handbuch. Kommerzielle Spiele verläßt man typischerweise nur per Resettaster oder Netzschalter - Ausnahmen sind WIMRE die Spiele von Meinolf Schneider wie Esprit oder Oxyd.


    Zitat


    Kann ich so auch irgendwie mehrere Programme parallel laufen lassen?


    Jein.


    Auf dem Atari gibt es mehrere zu TOS abwärtskompatible multitaskende Betriebssysteme/-aufsätze: MultiTOS (von Atari) setzt auf MiNT von Eric Smith auf und ist präemptiv multitaskend; Geneva(+MiNT), kooperativ, bzw. mit MiNT präemptiv multitaskender GEM-Ersatz; N.AES (ebenfalls auf MiNT aufsetzend), präemptiv multitaskendes AES (=oberste OS-Schicht von GEM) sowie MagiC von ASH, das eine komplette, präemptiv multitaskende Eigenentwicklung, aber ebenfalls abwärtskompatibel zu TOS ist. Gemeinsamkeit: viel RAM und eine schnelle CPU sind empfehlenswert, und "Schweineprogramme" wie kommerzielle Spiele kann man damit nicht benutzen, da sie an GEM und TOS vorbeiprogrammiert wurden. MiNT alleine kann übrigens nur TOS-Programme multitasken, keine GEM-Programme.


    Außerdem gab es Ports von RTOS/UH, SMS/2, OS9 und Minix (sowie m.W. einem Microkernel-Linux).


    Es gibt für TOS diverse zum Teil sehr umfangreiche Desktop Accessories (z.B. "Harlekin" oder "1st Address"/"1st Base") , die aus GEM-Programmen heraus jederzeit über das Pulldown-Menü zur Verfügung stehen , und es gibt resident arbeitende Programme (etwa "Mortimer") die über Tastenkombination aktiviert werden. Ein rudimentäres Multitasking ist also bereits unter TOS möglich.


    Thorsten