Nachdem ja kürzlich mit dem Raspberry Pi 400 eine Art Low-Cost-Homecomputer mit ARM-CPU vorgestellt wurde, kommen jetzt von Apple die ersten Macs mit ARM-CPU auf den Markt. Gestern vorgestellt und ab nächster Woche wohl schon im Handel.
History: Apple hat wahrscheinlich die beste Expertise, was erfolgreiche CPU-Plattform-Wechsel bei PCs angeht. Angefangen hat der Mac (damals offiziell noch Macintosh) 1984 mit dem Motorola 68000 Prozessor (und dessen Nachfolgern bis zum 68040 @40MHz im Mac Quadra 840av), dann kam 1994 mit dem Power Mac 6100/7100/8100 der Wechsel hin zum PowerPC (PPC), entwickelt von der Apple-IBM-Motorola Allianz (genannt AIM). Der erste verbaute Chip war der PPC601 @66MHz, spätere Chips wurden vor allem über ihre Generationen-Nummer bekannt: G3, G4 und G5. Mit dem von IBM entwickelten G5 (erste 64-Bit CPU in einem PC) stieß Apple nach einigen Jahren abermals an Grenzen – nicht was die Leistung an sich anging, sondern beim Performance-per-Watt-Verhältnis. Die CPUs benötigten viel Strom (sie kamen aus IBM-Server-Technik) und wurden sehr heiß und waren daher nicht geeignet für Notebooks (die Apple zu der Zeit schon vorwiegend verkaufte).
Also folgte 2006 der nächste Wechsel – vom PPC zu Intel CPUs. Die ersten Modelle waren der iMac und ein MacBook Pro 15" (vormals PowerBook), zügig gefolgt von einem neuen Mac Mini. Apple ließ die Intel Pentium-CPU-Generation aus (vielleicht auch, weil sie sich jahrelang über die Pentiums lustig gemacht hatten) und setzte gleich auf die neue Core-Linie, die aus dem Pentium-M (Mobility) hervorgegangen war, nachdem der Desktop-P4 auch seine Grenzen erreichte. Nachteilig dabei war allerdings, dass Apple kurzzeitig zurück von 64 auf 32 Bit musste – bis später die Core 2 CPUs auf den Markt kamen. Mit Intel lief es für Apple eigentlich ganz gut (einige Umsteiger mochten z.B. auch die Tatsache, dass man neben macOS auch Windows nativ auf den Rechnern ausführen konnte) aber auch hier gab es zum Schluss Probleme: Wieder mal fiel das Performance-per-Watt-Verhältnis zu Gunsten anderer Chip-Designs aus. Dazu kamen diverse kritische Sicherheitslücken in den Intel-Chips, von denen z.B. ARM nicht betroffen war. Und Apple hat in den letzten Jahren gute Erfahrungen mit seinen selbst entwickelten ARM-Lizenz-Chips für iPhone und iPad gemacht.
Parallel die ARM-Geschichte: Wie einige ja vielleicht wissen, ist ARM (Advanced RISC Machines) Ltd. eine Firma, die von Acorn, Apple (zu je 43%) und VLSI (7%) gegründet wurde (weitere 7% hielt ein Investor). Die erste ARM-CPU landete im Acorn Archimedes, die erste mobile ARM-CPU wurde für den Apple Newton entwickelt. Ohne Apple wäre die ARM-CPU vielleicht nicht DIE CPU für alle mobilen Devices geworden. Das Newton-Projekt wurde nach Steve Jobs' Rückkehr zu Apple gestoppt (und irgendwann auch die ARM-Beteiligung verkauft) und erst Jahre später (2007) eine Art Nachfolger präsentiert: Das iPhone (auch wieder mit einer ARM-CPU, damals noch von Samsung). Apple kaufte einige Chip-Schmieden ein, um Know-How in dem Bereich aufzubauen, u.a. P. A. Semi und einen ARM-CPU-Entwickler. Über die Zukäufe gelangten sie an eine Architecture License von ARM (die nicht viele Firmen besitzen), mit der sie berechtigt sind, auf Basis der Plattform ganz eigene CPUs zu entwickeln, was sie dann auch taten. Der Apple A4 (eingeführt mit dem iPhone 4) war dann auch der erste ARM-SoC (System-on-a-chip), der von Apple konstruiert wurde. Später wechselte Apple den Zulieferer, statt von Samsung ließen sie ihre Chips von TSMC bauen. Das iPhone 5s (2013) war das erste Smartphone mit einem 64 Bit ARM Chip (Apple A7). 2017 wurde Apple von Android-Authority bestätigt, dass sie der Konkurrenz um 1 bis 2 Jahre voraus sind. Bei vielen Benchmarks fiel zunehmend auf, dass die iPad Pros bei der Rechenleistung die Intel-MacBooks überholten – und so gärte dann wahrscheinlich auch irgendwann der Gedanke, auch die PC-Reihe auf ARM umzustellen. Da ist nun der erste Schrift gemacht und nächstes Jahr werden wahrscheinlich die leistungsstärkeren Geräte (MacBook Pro 16", iMac und zuletzt Mac Pro) folgen.
Hier ist Apples offizielles Video zum Thema ARM-Mac: (wie so oft bei US-Firmen gibt es eine Menge Marketing-Blabla, trotzdem finde ich es gut gemacht. Ich habe schonmal auf die Stelle mit der CPU-Vorstellung gespult)
Langer Rede kurzer Sinn: Die ersten ARM-Macs wurden vorgestellt. Es handelt sich um das MacBook Air, das MacBook Pro 13" und den Mac Mini. Alle 3 bekommen den gleichen Chip – den Apple M1. Das ist im Prinzip ein A14, wie er im aktuellen iPhone 12 steckt aber mit 2 zusätzlichen Performance-Kernen. Insgesamt also 4 Performance-Kerne und 4 Effizienz-Kerne, die auch alle gleichzeitig genutzt werden können. Ich gehe davon aus, dass bei späteren Designs (vor allem für den Mac Pro) die Anzahl der Kerne und die Taktrate weiter erhöht wird. Auch bei der der maximalen RAM-Ausstattung und GPU wird sich sicherlich etwas tun. Hier geht es jetzt ja nur um die Einstiegsklasse der Mac-Modell-Reihe.
Nach Apples Angaben sind die neuen Modelle rund 3 x schneller als die Vorgänger mit (nicht unbedingt aktuellen) Intel-Chips – zudem erhöht sich die Akku-Laufzeit teils erheblich. Der Rest (Gehäuse, Speicherausstattung, Preise ...) bleibt in etwa gleich.
Erste Benchmarks (M1, 4+4 Cores @1.8/3.1 GHz) kann man hier sehen: Geekbench 5 Single-Core: 1.634 (gleichauf mit dem AMD Ryzen 9 5900X), Multi-Core: 7.220 (ungefähr zwischen Core i7-9700 (8 x 3.6/4.9 GHz) und AMD Ryzen 7 2700X (8x 3.7/4.3 GHz)), die interne GPU liefert 2.600 GFlops (ungefähr der Level, auf dem sich die AMD Radeon RX Vega M des Core i7-8706G bewegt). Zudem besitzt der M1 Hardware-Decoder für H264/H265/VP8/VP9/AV1/VC-1/AVC/JPEG. Für einen ultra-mobilen Chip mit einer Leistungsaufnahme von 15 W ist das schon recht ordentlich.
Zum Vergleich noch ein anderer beliebter ARM-Rechner, der Raspi 4 B (aus der gleichen Benchmark-Quelle): Broadcom BCM2711 (4 Cores @1.5 GHz): 200 Punkte Single-Core, 600 Punkte Multi-Core, 32 GFlops GPU. Das nur zu weiteren Einordnung des neuen Apple ARM Chips.
Was meint ihr – kann 2020/2021 den Wechsel einläuten? Weg von X64 hin zu ARM – auch bei PCs? Könnte das einen historischen Wendepunkt geben oder ist das nur ein weiter erfolgloser Versuch, Intel/X64 vom Thron zu stoßen? Ich finde es auf jeden Fall spannend, dass mit dem ARM-Prozessor frischer Wind in die PC-Welt Einzug hält. Schon interessant, wie sich jetzt der (Apple-Mac-ARM-) Kreis schließt.