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letzter Beitrag von RexRetro am

Welche Grafikmodi und -Features des VIC-II wurden in fortgeschrittenen Spielen vorwiegend verwendet?

  • Hallo,


    da ich damals keinen C64 hatte und erst beim A500 mit der bunten Spielewelt so richtig in Berührung kam, ist mir ziemlich unklar, wie man mit dem VIC2 so kunterbunte Level wie z.B. in Creatures oder Mayhem in Monsterland erzeugt hat.

    Bisher dachte ich, dass wäre vorwiegend der Multicolor Grafikmodus gewesen, aber evtl. waren es ja auch Extended Color/ MultiColor Character Modi ?

    War es in Spielen üblich, die Farbregister per Interrupt zu modifizeren und Sprites als Anzeige-Elemente außerhalb des Bordes zu nutzen?

    Oder sind das Tricks, die nur in Demos praktikabel sind?


    Gab es Standard-Tools für Level-Design? Für animierte Sprites und Tiles und sowas wie "Game Engines", oder wurde alles für jedes Spiel von Grund auf neu entwickelt?

    Und wie war das mit SID-Sounds und Effekten? Hat da jedes Studio für jedes Spiel das gecodet oder gab es schon irgendwelche "Tracker", die dann Abspielmodule erzeugt haben?


    Gab es sowas Mitte bis Ende der 80er oder erst irgendwann in den 90ern ?

  • Gab es Standard-Tools für Level-Design? Für animierte Sprites und Tiles und sowas wie "Game Engines", oder wurde alles für jedes Spiel von Grund auf neu entwickelt?

    Die beiden von Manfred Trenz für Katakis entwickelten Editoren für Levels & Sprites wurden wohl auch bei Turrican 1 & 2 - und bei Smash Designs Turrican 3 - verwendert.

  • Multicolor Grafikmodus

    Der meist verwendete Darstellungsmodus dürfte Multicolour-Zeichensatz sein, da dieser am schnellsten zu handhaben ist. Möchte man einen kompletten Bildschirm scrollen, benötigt man ca. 1 kb für die Zeichendaten und 1 kb für die zusätzliche Farbinformation ($d800). Echte Bitmapgrafik belegt hingegen ca. 8 kb für die Pixeldaten, 1 kb für Zeichenfarben (Farben 1 + 2) und noch ein 1 kb für Zeichenfarbe 3 ($d800), d. h. die 5 fache Menge an Informationen. Während es bei Zeichensatz mit Mühe möglich ist, eine normale Scrollfläche innerhalb eines Bildaufbaus zu kopieren, benötigt man für Bitmapgraphik viel mehr Zeit, so daß (unter Einsatz von Double-Buffering) eigentlich nur eine Scrollgeschwindigkeit von 1 Pixel per Bild möglich ist.

    Dies wäre gleich der zweite Nachteil von echter Bitmapgrafik: Sie schluckt wahnsinnig viel Speicher. Aus diesem Grunde hat man in den meisten Spielen darauf verzichtet. Es gibt aber auch solche, die nicht scrollen und für mehr Farben auf Bitmapgrafik setzen, wie z. B. Cybernoid. Einige spätere Spiele bedienen sich besonderer Tricks bei der Manipulation der VIC II-Register, um ohne zu kopieren Bitmapdaten über den Bildschirm bewegen zu lassen (AGSP = Any Given Screen Positioning), doch wie ich gehört habe, funktioniert das Verfahren nicht auf jedem C64.

    Extended Color

    Dieser Modus ist selten anzutreffen, da er die Anzahl der darstellbaren Zeichen auf 64 einschränkt. Außerdem sind damit nur zwei Farben innerhalb eines Zeichens möglich, so daß es einen guten HiRes-Graphiker braucht, um diese reduzierte Farbanzahl zu vertuschen. Eine bekannte Ausnahme ist das Spiel "Delta", welches diesen Modus verwendet zur Darstellung der Schüsse und des Sternenhimmels. (Die scrollende Landschaft besteht tatsächlich aus Sprites und nicht aus Zeichen.)

    War es in Spielen üblich, die Farbregister per Interrupt zu modifizeren

    Ja, das war schon in den Anfängen üblich. Selbst alte Spiele wie "Buck Rogers" und natürlich Rennspiele wie "Pitstop" verwenden die Farbänderung gezielt für die Landschaftsdarstellung (horizontale Streifen).

    Sprites als Anzeige-Elemente außerhalb des Bordes

    Ich glaube, eines der ersten Spiele, die das verwendeten, war "Delta". Nachdem der Trick, wie die Öffnung des Rahmens vertikal technisch funktioniert, bekannt war, wurde es durchaus üblicher, es auch in Spielen einzusetzen. Es ist aber kein Muß. Neben den Sprites im Rahmen kommt auch häufig vor, daß man Anzeigen (Score etc) mit Hilfe von Sprites einblendet. Hierbei wird zumeist das Spielersprite per Multiplexing verwendet, welches daher auch während des Spiels niemals mit der Anzeige in Kontakt kommen kann.

    Oder sind das Tricks, die nur in Demos praktikabel sind?

    Alle Tricks in Demos kann man natürlich auch in Spielen einsetzen, doch viele Tricks verbrauchen ziemlich viel Speicher und/oder Rechenzeit, so daß sie für Spiele eher nicht geeignet sind. Man darf nicht vergessen, daß viel Rechenzeit auch für die Spiellogik (Gegnersteuerung...) verwendet wird.

    Gab es Standard-Tools für Level-Design?

    Soviel ich weiß nein. Große Softwarehäuser wie Epyx, Interplay oder Lucasfilm-Games hatten ihre eigenen Tools. Beliebt unter Programmiern war aber (wenn ich mich recht erinnere) z. B. das Malprogramm PaintMagic, da dieses anders als Koalapainter die genaue Angabe der Farbnummer (der Pixelmuster) erlaubte sowie eine getrennte Handhabung von Pixeldaten und Farben. Damit war es möglich, Monster zu zeichnen, die man anschließend mit einem kleinen Hilfsprogramm aus der Bitmap extrahieren und in Sprites umwandeln konnte. Für die Erstellung von Zeichensätzen gab es das Programm Char-Edit. (Ich glaube, es stand entweder in der Happy Computer oder in der 64'er. Habe es damals[tm] abgetippt.) Solche Programme waren wohl weitverbreitet unter Amateuren, aber nicht unbedingt Standard bei professioniellen Programmierern, die oftmals ihre eigenen Tools entwickelten und teilweise auch verkauften (z. B. Epyx).

    Besonders was das Level-Design anbelangt ist es bis heute im Grunde genommen unmöglich, ein Tool für alle Games zu erstellen, da sich Aufbau, Kodierung und Handhabung von Spiel zu Spiel extrem unterscheiden. (Man denke nur mal an so Spiele wie "Lode Runner", "Boulder Dash" und "Paradroid".)

    Und wie war das mit SID-Sounds und Effekten? Hat da jedes Studio für jedes Spiel das gecodet oder gab es schon irgendwelche "Tracker", die dann Abspielmodule erzeugt haben?

    Anfangs hat jeder sein eigenes Süppchen gekocht, doch später haben sich bestimmte Leute wie Rob Hubbard, Martin Galway und andere darauf spezialisiert, Spiele mit Sound und Musik zu versorgen. Diese Leute verwendeten jeweils ihre eigenen Routinen und hatten auch ihr ganz eigenes System zur Musikentwicklung. Selbst heute noch gibt es verrückte Typen, die meinen, unbedingt ihre eigenen Soundroutinen entwerfen zu müssen, auch wenn diese dann ganz schrecklich klingen. (Ich rede aus Erfahrung.:schande:)

    Im Vergleich zu damals[tm] hat sich also viel geändert. Heute gibt es gute Tools auf dem PC für die Programmierung, die Graphikentwicklung und das Erstellen von Musik. Im Grunde genommen war es noch nie so einfach, ein Spiel zu schreiben, gäbe es da nicht diesen kreativen Aspekt, d. h. um aus einem Tracker gute Musik herauszuholen, muß man schon etwas Ahnung von Musik haben. Ähnliches gilt für Graphik und wohl auch für die Programmierung. Aber dafür gibt es heute auch die Möglichkeit (z. B. in diesem Forum), Graphiker und Musiker zur Mitwirkung einzuladen.

  • Hallo M.J.,


    danke für die ausführliche Antwort. Aufgrund der vielen Farben, dachte ich immer, es sei meist Multicolor-Grafik, weil man dann ja pro 4x8 Pixel Block immerhin 3 aus 16 Farben wählen kann,

    während man bei Multicolor-Characters wohl nur eine Schmuckfarbe pro Charakter wählen kann und die anderen 3 Farben global sind.


    Andererseits, wenn man das geschickt macht und die 3 Palettenfarben per Interrupt zumindest vertikal ab und an ändert, wird es schon schön bunt.