Wann wurde euch das klar und wie hat die verbliebene CMD-Szene darauf reagiert?
Klar wurde es mir eigentlich nie, oder besser gesagt: Ich will es bis heute nicht wahrhaben.
Solange ich bei der GO64! war, haben wir dafür gekämpft. Wir haben Kurse gemacht ( Thunderblade - Maltes SuperCPU-Kurs ist ja legendär und wurde sogar ins Englische übersetzt). Wolfram Sang führte das dann weiter mit dem SuperCPU-Corner. Wir haben viel Hoffnung gehabt, als Chester Kollschen, der Programmierer von Metal Dust oder Sam's Journey, auf einmal mit CLiPS dastand. Einen SuperCPU-spezifischen neuen Betriebssystem für den C64. Das ist dann leider nie fertig geworden bzw. ging in WiNGs auf, das wiederum dann leider liegen gelassen worden war.
Ich habe nach meiner Zeit bei der GO64! mein C64-Hobby pausiert und die Sachen nur noch am Rande mitverfolgt. Bis ich es irgendwann zu sehr vermisst habe und wieder eingestiegen bin.
Wann wurde mir also klar, dass die SuperCPU "nur" ein Beschleuniger für normale Software, aber keine Plattform für künftige Software sein würde? Das war kein Stichtag, an dem das passierte. Es war ein laufender Prozess. Es war eigentlich von Anfang an ein Kampf gegen Windmühlen. Von 1996 an. Wir hätten gerne gehabt, dass die Demo-Szene die Erweiterung annimmt. Aber da standen wir auf verlorenem Posten. Bis auf wenige Ausnahmen gab es keine Demos dafür, keiner erforschte die mit der SuperCPU nun verschobenen Grenzen in Sachen Grafik-Effekte und Musik. Das wäre für eine allgemeine Akzeptanz wichtig gewesen. Das funktionierte aber leider nicht.
Und dann blieben eben Anwendungen. Da gab es schon das eine oder das andere, oft unter GEOS. Das Hauptproblem war aber die Struktur von GEOS. Damit sich die SuperCPU durchsetzt, hätten wir ein neues GEOS von Berkeley Softworks gebraucht. Die waren aber seit fast 10 Jahren schon beim PC. Das, was wir hatten und haben ist das alte GEOS 2.0 aufgebohrt um kleine Patches und Erweiterungen, die durchaus Sinn machen, aber kein radikales Neudenken von GEOS waren. Man sieht, dass die Hauptbeschränkungen von GEOS trotz aller Patches immer noch fühlbar waren und sind. Soll wirklich alles funktionieren, muss dein CMD-Gerät eine 1581 emulieren. Und hüte dich vor Unterverzeichnissen. Und wenn du die Partition wechselst, ist es für GEOS wie wenn du eine neue Diskette einlegst. Solche Dinge halt.
Wir haben es eben probiert, aber es wurde leider zu wenig angenommen.
Wie hat die CMD-Szene darauf reagiert? Die "CMD-Szene" waren vor allem die GEOS-Fans, die sich in GEOS-Gruppen zusammengetan haben. Weltweit. Naja, die wurden mit der Zeit kleiner und kleiner. Bis halt fast nichts mehr übrig geblieben war. In den 90er Jahren waren da schon oft Männer mittleren Alters dabei. Die sind jetzt, wenn sie noch unter uns weilen, schon weit im Pensionsalter drinnen. Nicht jeder hat sein Hobby beibehalten. Es gab dort also den Schwund an Usern, den es auch in der restlichen C64-Community gab. Neue Hardware von CMD gab es nicht mehr und da kam dann sicherlich das Gefühl auf, dass es das jetzt war mit dem Hobby. Keine neue Hardware bedeutet, dass auch weniger neue Software entsteht.
Es war also ein langsamer Prozess. Und das Ende von CMD (die C64-Seite davon, die Firma gibt es ja noch heute, die machen halt PC-Lösungen) hat diesen langsamen Niedergang eingeläutet. Irgendjemand hat das hier schon geschrieben: CMD hat gefühlsmäßig Commodore beerbt. Commodore hatte zunächst seit 1987 (!) nichts mehr für den C64 in Sachen Peripherie gemacht und ist dann 1994 endgültig eingegangen. Als das passiert ist und ich das im 64'er Heft gelesen habe, habe ich mir auch gedacht, wie es jetzt mit meinem Hobby weitergehen soll, wenn es nicht einmal mehr die Firma gab, die das Hobby begründet hatte. Aber CMD ist da in die Bresche gesprungen und hat die Rolle von Commodore übernommen. Es wurde geforscht und entwickelt. Für den C64. Es gab neue Produkte. Für den C64. Da war auf einmal wieder Leben in der Bude. Als sie dann das C64-Business aufgegeben hatten, war der Schock ähnlich wie 1994, als Commodore aufgehört hat zu existieren.
Heutzutage sind CMD-Geräte aller Art heißgesuchte Sammlerstücke und sündteuer. Ich verwende zum Beispiel die HD mit einer SCSI2SD-Karte an der statt der lauten Festplatte eine SD-Karte hängt. Das Ding ist jetzt lautlos und flitzt parallel angeschlossen dank RAMLink.
CMD hat ein Peripherie-Universum für den C64 geschaffen, wo das eine in das andere greift und sich gegenseitig auf höhere Levels hebt. Etwas, das man am C64 so bis dahin nicht kannte. Hardware von Drittherstellern waren da immer Insellösungen, also immer nur die eigene Erweiterung im Sinn und alles andere ging damit nicht.
Bei CMD gab es eben eine ganze Palette, die zusammengearbeitet hat. Und GEOS-Fans waren vielleicht auch deswegen eine gute Zielgruppe, weil GEOS genau das softwareseitig abgebildet hat: Je mehr Hardware du dransteckst, umso mächtiger wird das System. Und natürlich: Die vielen in den 90er Jahren middle-aged-GEOS-Anwender konnten sich auch die CMD-Geräte leisten.