Noch einmal zurück auf das Thema: Wozu ist ChatGPT eigentlich gut?
Ich denke, es ist unerheblich, ob GPT3.5 in der Lage ist aufgrund der vorhandenen Trainingsdaten und Modelle perfekt funktionierenden Code zu schreiben. Aus meiner Sicht ist es a) die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten und b) der Dialog auf "Augenhöhe", die das Potential unfassbar werden lassen.
Die Sache ist ja die - um kurz doch noch einmal bei der Programmierung zu bleiben - den meisten Entwicklern fällt es leichter, bestehenden Code anzupassen, Fehler auszumerzen, neue Funktionen zu ergänzen, etc. als auf der grünen Wiese anzufangen... mit nix. Ähnlich ist es mit vielem anderen auch: Ein Artikel will geschrieben werden? Ich bin sauschnell darin, wenn Du mir was gibst, auf das ich aufbauen kann. Muss ich alles von Null an selbst entwerfen, tu ich mich nicht selten schwer - in jedem Fall aber dauert es deutlich länger. Das liegt daran, dass unterschiedliche Charaktere, sobald sie zusammenarbeiten - sich ergänzen und mehr dabei herauskommt, als die Summe der Einzelteile...
Deshalb gibt es auch Pair-Programming.
Nur habt ihr alle auch schon erlebt, wie es ist, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der nicht halb so viel versteht, wie ihr. Dann wird aus der Zusammenarbeit ganz schnell ein "Coaching" - und das war nicht das Ziel. Was man zur effizienten Zusammenarbeit braucht, ist ein Sparringspartner auf Augenhöhe.
Fachlich mag ChatGPT noch nicht ganz dort angekommen zu sein. Aber es verfügt in jedem Fall über eine größere Datenmenge, auf die es zurückgreifen kann, als wir (in unserem Kopf). Was der Bot also fachlich noch nicht drauf hat, macht er über Datenmenge und Geschwindigkeit wett. Und schon ergibt sich ein Szenario, in dem - vorausgesetzt, wir formulieren die Prompts gut und verstehen, wie das System "tickt" - wir schneller Ergebnisse in unserer Domäne produzieren können, als Leute, die ChatGPT _nicht_ nutzen. Eben weil wir mit dem Teil einen sauschnellen Dialogpartner haben, der uns dabei helfen kann, unsere Ideen zügiger auszuarbeiten und z.T. dabei als Inspirationsquelle dient.
Und bei der Menge an vollkommen unterschiedlichen Szenarien, die ich in den letzten Wochen beobachten konnte, muss ich sagen, dass das schon verblüffend gut funktioniert...
Im übrigen bedeutet ein gut konstruierter Hammer auch nicht, dass jeder Nagel perfekt in jedes Material geschlagen wird... Werkzeuge sind nur so gut, wie diejenigen, die sie bedienen. Im übrigen gibt es inzwischen derart viele KIs in so vielen unterschiedlichen Bereichen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sie mittels APIs untereinander direkt vernetzt werden. Im Moment könnt ihr Leute z.B. dabei beobachten, wie sie mittels ChatGPT einen Prompt erarbeiten als Input für bspw. Midjourney, um Bilder zu generieren. Und es gibt bereits Ansätze über Scripte und Automations-Anbieter solche KIs miteinander zu verknüpfen.
Und ganz nebenbei:
Ist euch schon mal aufgefallen, dass wir ganz nah dran sind, mit unseren Computern so zu interagieren, wie wir es schon in den 90'ern in Startrek gesehen haben? Im Grunde genommen war der Computer der Enterprise auch nur ein mittels Deep Learning trainiertes, neuronales Netzwerk, mit dessen Sprachmodell interagiert werden konnte... oh... guck an... das ist die Definition von ChatGPT. 