Die Eingangsfrage ist gut, die Antworten finde ich auch gut.
Trotzdem möchte ich mal etwas zu dem Thema loswerden.
Die 8 Bit Ataris hatten eigentlich keine nutzbaren 256 Farben. Das war mehr ein Marketing-Gag. Die Ataris hatten zwei Grafikchips, den programmierbaren Antic und den CTIA. Der CTIA hatte quasi seinen Vorgänger in der Atari 2600/VCS Konsole, dort werkelte der TIA. Sowohl ANTIC wie auch CTIA sind ab Mitte der 1970er Jahre entwickelt worden. Der ANTIC organisiert die Struktur des Bildaufbaus sehr flexibel und der CTIA sitzt quasi als Interpreter dahinter und fügt die Farben und auch die Sprites dazu.
Warum ist denn sowas sie der ANTIC und der CTIA überhaupt entwickelt worden? Um flexibel zu sein.
Die Ataris hatten unwahrscheinlich viele Grafik- und Textmodi, die meisten machten gar keinen Sinn, trotzdem waren sie da. Warum?
Als die Ataris gegen Ende der 1970er Jahre auf dem Markt kommen sollten, sollte der Atari 400 4kB RAM und der Atari 800 8kB RAM bekommen, daher stammt ja die Benennung der Geräte.
4kB RAM, dass muss man sich mal vorstellen. Mit 4kB RAM könnte ein C64, nicht einen einzigen Pixel auf dem Bildschirm ausgeben, weil die beiden einzigen Grafikmodi die dieser besitzt rund 8kB benötigt. Ein Pixel von der Größe einen Klotzes macht in einer 4kB Maschine Sinn, es spart Speicher. Ist mehr Speicher da, macht es auch kaum noch Sinn
Ende der 70er waren die Ideen eines Videospiels - Pong und Space Invaders.
Die Ataris wurden dann 1979, als diese auf den Markt kamen, von Hause aus mit mehr Speicher ausgestattet. 1982 wurde der CTIA dann gegen den etwas weiter entwickelten GTIA ausgetauscht. Mit dem GTIA kamen dann auch die 256 Farben, die der XL dann mit dem selben GTIA natürlich immer noch hatte.
Die 256 Farben kann der Atari nur in 2 Garfikmodi im Ansatz darstellen. Das sind beides GTIA Modi, die in einer Variante 16 Helligkeitsabstufungen einer Farbe darstellt, oder in einer anderen Variante 16 Farben ohne Helligkeitsabstufungen darstellt. Beide Modi arbeiten nicht mit Farbregistern. Und 16 Helligkeitsabstufungen meint tatsächlich auch 16 Helligkeiten. Schwarz gibt es bei Verwendung einer Farbe dann nicht. Man kann also in einer Zeile durchaus 16 Abstufungen Grün und in der nächsten Zeile 16 Abstufungen Blau darstellen, aber eben kein Schwarz. Der Effekt ist, als ob man vor einem SW Fernseher Farbfolien klebt.
Das mag noch interessant klingen, aber da der GTIA Zeilenweise arbeitet und wir ja gelesen haben, dass es ein GTIA Modus ist, interpretiert er das Bitmuster des Grafikspeichers natürlich Zeile für Zeile, das bedeutet, dass jeweils 4 Bit in Folge für einen Farb/Heligkeitswert heran gezogen werden. Dass ergibt dann sehr schräge Auflösungen von 80x192 Punkten. 80 Pixel in der Horizontalen. Viel zu grob für eine wirklich interessante Verwendung.
Der Atari hat diese beiden Modi eher mitbekommen, weil es gerade ging. Der Sinn ist eher eingeschränkt, Es gibt noch einen dritten GTIA Modus der 16 Farben aus einer Palette von 128 Farben darstellen könnte, aber mangels Farbregister nur 9 tatsächlich darstellen kann. Wenn dieser Grafikmodus verwendet wird, dann nutzt der Atari alle Farbregister die er hat, u.a. auch die der Sprites (die beim Atari Player Missile Garfik heißen), sprich die Sprites können dann keine eigenen Farben annehmen.
Auch wird die Farbe vom GTIA interpretiert. Das bedeutet, dass es nicht möglich ist einen einzelnen unabhängigen Pixel in einer hohen Auflösung in einer individuellen Farbe darzustellen. Unter keinen Umständen. Die Verwendung einer einzelnen unabhängigen Farbe geht immer einher mit einer halbierten horizontalen Auflösung. So sind auch die Sprites des Ataris, die ja farbig sind, eben nur mit maximal halber maximalen horizontalen Auflösung möglich und auch nur in dieser halben Auflösung horizontal zu bewegen.
Die Ataris haben eigentlich nur 128 Farben. Die aber je nach Fernsehnorm sich noch anders darstellen und gar noch weiter reduzieren. Das bedeutet, dass Spiele die für eine ausländische Fernsehnorm produzierte wurden sehr schräg in einer anderen Fernsehnorm aussehen.
Die Grafikmodi bieten bis 160 Pixel 4 Farben und im Farb-Textmodus 5 Farben, weil der Zeichensatz des Atari nur 7Bit (127 Zeichen) umfasst und das übrige 8 Bit netterweise zwar nicht als weitere 4 Farben aber immerhin als 5. Farbe interpretiert wird. In jeder Zeile lassen sich die Farbregister ändern und so neue 4 oder 5 Farben darstellen.
Der Atari ist so farbarm(?) in der Darstellung weil dieser auf Teufel komm raus, auf das Speicher sparen ausgelegt wurde. Weil niemand zu der Zeit sich vorstellen konnte, wie nett Spiele aussehen können. Das ist im Nachhinein eine total falsche Designrichtung gewesen. Das wird erst klar, wenn man sich ansieht was zu der Zeit als Marktbegleiter da war. Der VC-20 kam 1980 mit 3,5 kB RAM auf dem Markt, der ZX-81 mit 1 KB. Beide wurden schnell am Markt abgelöst, weil die Technik sich weiterentwickelte. Der Atari blieb.
Die Atari XL waren letztendlich nur "preiswerter" herstellbare Atari 400/800 Nachfolger ohne eine Feature Innovation in der Hardware.
Das die Atari XL trotzdem so relativ gut mithalten konnten, lag halt in der so skalierbar ausgelegten Grafikhardware der alten Atari 8 Bit Designs.
Die Welt hat meiner Meinung nach den C64 nicht wirklich gebraucht, aber er hat halt alles besser gemacht. Was ja keine Kunst darstellt. Der C64 war sehr konsequent und hat seine Stärken in der Klarheit, die einfach darin begründet lagen, dass dessen Designer Anfang der 80er Jahre schon sehr viel klarer sahen, wo es lang ging. Speicher ist nicht der Flaschenhals, Sprites werden gebraucht, weil die Darstellung realistischer wird, dafür einfache aber hochwertige Umsetzung von Effekten ohne Trallala.
In der 16 Bit Zeit hat sich das ziemlich wiederholt.
Der AMIGA und der Atari ST, sind quasi das Gegenstück zu den ATARI 8Bit und den VC-20. Der AMIGA mit der Flexibilität ein "Weiß nicht wohin" Design und der ATARI ST mit der Gradlinigkeit und Beschränktheit im Design vergleichbar mit dem VC-20. Ein C64 Gegenstück gab es in der 16 Bit Zeit dann gar nicht mehr. Ein reduziertes Gerät, älterer Technik, aber dafür mit großer Konsequenz im im Maß der Entwicklung umgesetzt zum Günstigtpreis für die Masse gab es in der 16Bit Welt nicht. Der AMIGA 500 war dagegen so ziemlich genau der Schritt, den der Atari XL für die 8Bit Ataris war.
Meine Meinung.
Schön aussehende Spiele mit vielen Farben gibt es auf den 8Bit Atari trotzdem und bei jedem einzelnen muss man sich vor Augen führen, dass das quasi schon 1979 auf der Kiste hätte flimmern können. Was gerne gemacht wird, sind die Sprites gar nicht originär zu verwenden, sondern als Unterlegung hinter eine 4 oder 5 Farb-Grafik zu legen, dadurch kommt ein ganzer Batzen neuer Farben zum Vorschein, so kann man auch gar noch ein zweites Sprite darüberlegen und so noch mehr Farben erzeugen.
Jay Miner hatte ja schon Ende der 70er Jahre die Grundgerüste der AMGIA Custom Chips konzipiert, er war ja in dem Moment als die ersten 8Bit Ataris auf dem Markt kamen, auch schon schlauer und schon längst von Atari davon gerannt.