Mal etwas am Rande: Habt ihr gestern die Google I/O gesehen? Einen Tag darüber resoniert, halte ich das ja für erschreckend. Natürlich auch wegen der woken Breitseite, die da nicht nur die Pronomen-Einblendung der Vortragenden betraf (wahnsinnig wichtig nicht nur zu lesen, wenn "Alan Smithee" spricht, man muss auch allen auf's Auge drücken, dass er sich als "Him/He" identifiziert), sondern auch das Abzielen auf die eigene neue Bildbearbeitungsoftware (KI zur Personenentfernung und Farbänderung) und ein neues Farbrassenschema (ja, der Mann sprach von Rassen!). Da muss man nur eins und eins zusammen zählen, um abschätzen zu können, dass in nicht all zu ferner Zukunft die Google-Bildersuche bei etwa "Markusplatz Venedig" nur noch Bilder mit politisch gewünschter Personenzusammensetzung liefern wird. Gegebenenfalls dann eben keine Originale sondern "bereinigte" und umgefärbte Varianten.Zusätzlich haben sie da mit Gegenlichtaufnahmen für Videokonferenzen hantiert, auf die sich vorher selbst erstellte Eigenbilder rechnen lassen, aber auch da wurde im Prinzip durch die Blume angepriesen wie toll man Deep Fake schon endnutzertauglich gemacht hat.
Ok, bis dahin war das alles aber zumindest noch Googles Eigenleistung/-Idee, aber der Rest der Präsentation war quasi eine bedingunglose Kapitulation und ein Offenbahrungseid vor Apple. Das war mir fast peinlich dort zuzuschauen. Das Motto hätte auch lauten können: "All we have done 'till today was wrong. All! Wrong! We will now walk on the Apple-path. In. Every. Part. With. Every. Product.". 
Wie meine ich das? Nun, die ganze Veranstaltung und Präsentation entsprach den Apple-Keynotes ohnehin. Aber auch die Strategie selber mit Android. Ein komplettes Eingeständnis, dass die Idee den Leuten ChromeOS-Konvertibles unterzujubeln und Android auf Tablets verhungern zu lassen, wurde umgeworfen und die alternativen Hersteller (mit Tablets) hervorgehoben und mit dem Peak auf A13 vor allem auf die Tabletfunktionen abgezielt. Und wenn das noch nicht gereicht hätte, hat man getan, was man bisher noch nie tat und auf ein Pixel-Tablet in 2023 (!) hingewiesen, das man bringen will (die Einsicht, dass ChromeOS-Tablets wohl doch nicht so der Bringer sind, war scheinbar nicht so alt).
Das Pixel 6a ist jetzt in jeder Hinsicht auf Apples SE-Linie als Konkurrenz angesetzt und - auch wieder hart am Vorbild Apple - wird es auf Pixeln nicht nur drei sondern fünf Jahre (Sicherheits-)Updates geben. Auch das ein Eingeständnis, wie viel besser sie Apples Strategie halten und was für ein schnell veraltender Crap da bisher selbst die Pixel waren (Nachhaltigkeit hat doch nur die LineageOS-Entwicklung gebracht).
Dann die Uhr. Der 100% Nachbau der Apple-Watch, der man direkt ansieht, dass der Kundenforschungsbereich lange suchen musste, was denn dem Kundenkreis, der eine Smartwatch haben möchte, an der Apple Watch nicht so gefällt. Da gibt es nicht viel, außer der Form. Darum wird die Pixel-Watch nun eher klassisch rund statt von der Form an alte Bildröhren-TV zu erinnern, wie die von Apple. Der Rest ist Klau und das "Erscheint mit dem Pixel 7" lässt befürchten, dass die auch nur mit einem solchen funktionieren wird. Alle Lektionen von Apple scheinen also noch nicht gelernt zu sein.
Der Knaller ist aber wie sehr sie auf ihrem eigenen "Tensor-Chip" herumgeritten sind um den als den neuen, heiligen Gral anzupreisen, der nun den ganzen KI-Kram auf den Prozessor selbst und nicht mehr in der eigenen Cloud berechnen kann (wie sie schon vorher auch nur von der angeblichen Sicherheit und Abgeschlossenheit ihrer Dienste sprachen, was auf mich wie "wir machen unsere Dienste jetzt wie Apple, dann könnt ihr uns vertrauen" klang). Holla die Waldfee, das kam mir vor als kündigte Google da persönlich Apples M2 an.
Kurzum, da war NICHTS Innovatives mehr vorhanden. Zwei Stunden lang die Botschaft, dass Google nun bedingungslos und mit ganzer Kraft danach strebt, ganz vorne dabei sein zu wollen Apple in allem was Apple tut hinterher zu hinken. Unternehmensziel: Anführer des Verfolgerteams, überholen eher ausgeschlossen. Gruselig. In den späten 1980ern hatten Commodore Amiga und Atari ST durchaus Eigenschaften, die den teureren Macs gut gestanden hätten. Beim Wettlauf um Smartphone-OS im letzten Jahrzehnt haben webOS, MeeGo oder Windows Mobile 10 Ideen mitgebracht, die Android und iOS befruchten konnten, aber wenn ich sehe, was Google da gestern vorgestellt hat - und das ist das einzig verbliebene Alternativ-OS auf Smartphones - gibt es keinen Wettbewerber mehr, der mit besseren Ideen in den Startlöchern steckt.
Damit komme ich jetzt auch wieder zum Ontopic: Ich glaube mit dem M2 wird man bei Apple dann (hoffentlich) kinderkrankheitsfreie Desktops und Mobiles erwerben können, die dann wohl sehr lange aktuell sein werden, weil aus Konkurrenzseite verdammt lange nichts kommen wird. Bis Google das mit dem Tensor oder etwa Intel mit der ARM-Initiative aufgeholt haben, dauert das bestimmt ein halbes Jahrzehnt. Gut möglich, dass Apple dann ebenfalls die Produktwechselzyklen sehr lang werden lässt, wenn so wenig Innovationsdruck besteht.
Ich halte nun Apples ARM-Macs auch nicht für die beste Erfindung seit dem Rad, aber ich habe den Eindruck Google schon. Gut möglich, dass jetzt auch die übrigen Hersteller einklappen und Apple - und damit dem ARM-Macs - für dieses Jahrzehnt tatsächlich das Feld überlassen (einen ernsthaften Angriff auf dem Desktop-Markt sehe ich bei Google nicht). Hätte ich vor zwei Jahren nicht gedacht, könnte aber durchaus sein, dass erst RISC-V das "next big thing" wird, aber dann wohl erst in den 30ern (glaubt wohl auch MIPS).