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letzter Beitrag von eisdielenbiker am

ESD Schutzdioden: Erfahrungen?

  • Hallo zusammen,


    ich habe das Thema erstmal unter die Rubrik Peripherie gepackt, weil es eigentlich um die Schnittstellen nach außen geht.
    Wenn unpassend, gern den Thread verschieben.


    Und zwar wollte ich gern mal von euch hören, wie ihr das Thema ESD Schutzdioden seht.
    Ich habe hier was dazu gefunden: http://pasilassila.blogspot.de…ection-first-attempt.html


    Habt ihr ähnliches verlötet, vielleicht sogar Userport und Expansion Port? Für welche Leitungen kann man diese gut verwenden und wo sollte man sie sogar lieber aussparen?


    Ich habe damals meinen SID gegrillt, durch eine Bauanleitung in der 64er, mit der man das Wohlbefinden von Pflanzen durch Kontaktnadeln am Joystickport kontrollieren konnte.
    Naja, war mehr spielerei. Jedenfalls war ich damals gänzlich unerfahren, und es hat mir gezeigt, wie schnell am C64 durch Einwirkung von Außen was passieren kann.


    Was meint ihr zu dem Thema?

  • Ich habe keine Extra-Dioden verbaut. Auch glaube ich, dass nicht alles was defekt geht auf ESD-Schäden zurückzuführen ist. EOS-Schäden sind sicherlich auch häufig vertreten. Die können sich auf dem IC ähnlich äußern.


    Ich denke am hilfreichsten wäre, eine Schutz- bzw. Treiberschaltung an den Schnittstellen zu verwenden. Da würde in beiden Fällen die teureren MOS-IC's schützen.
    Auch ist es sicher hilfreich, immer darauf zu achten, nicht die Kontakte direkt zu berühren.


    Ein ESD-Schutz erfordert sehr schnelle aktive Schutzstrukturen, zum Beispiel Dioden.
    Aber selbst diese Schutzstrukturen bekommt man mit ESD kaputt. Man legt die Strukturen ja nur bis zu einer gewissen Grenze aus.
    Geprüft wird ein ESD-Schutz in der Industrie und Automobiltechnik beispielsweise nach drei gängigen Normen, die auch noch Unterteilungen haben:
    a) HBM (= Human Body Model)
    b) MM (Machine Model)
    c) CDM (Charge Device Model)


    Je nach Modell und ESD-Festigkeit sind dann die Schutzstrukturen auszulegen. Kein einfaches Thema.

  • Danke für die Info.


    Ja, ich denke auch, das es kein einfaches Thema ist.
    Da ohne viel Hintergrundwissen ESD-Dioden zwischen Schnittstellen-Pins und Masse zu löten lasse ich lieber erstmal sein, es sei denn,
    jemand mit Ahnung hat seine Cevis schon seit Jahren mit solchen ausgestattet und kann genau sagen, worauf es speziell bei unseren geliebten Cevis ankommt.

  • Das beste ist, wenn Du Dich einfach an die Grundregeln hälst und Kabel immer nut umsteckst, wenn das Gerät ausgeschaltet ist und sich Kondensatoren entladen konnten, also einfach kurz warten und nicht bereits abstecken, wenn Du noch den Ausschalter in der Hand hast.
    Zusätzlich kannst Du Dich bei bekannt empfindlichen Geräten vorher entladen und ein großes Metallteil anfassen, wie einen Heizkörper an am besten blanker Stelle.

  • Ja, genau das mache ich auch. Aber gerade jetzt in der Winterzeit kommt man mit dem Entladen kaum hinterher,
    und man kommt z.B. doch sehr schnell versehentlich an die Kontakte des C64.


    An die Kondensatoren habe ich jetzt nicht gedacht, guter Tipp. Eine Minute wird wohl reichen?

  • Ja, 1 min ist völlig ausreichend. Solange schaffen die keine Pufferung und sind von der dranhängenden Schaltung recht schnell entladen.


    Aber Du hast recht, die Kontakte des C64 oder auch andere Commodore Computer sind teilweise recht offen zugänglich. Das hätte man besser machen können. Naja, ist halt leider nicht der Fall. Da hilft nur aufpassen.

  • Ist das eigentlich wirklich sicher, dass diese Bauteilschäden wirklich durch ESD (also statische Elektrizität) auftreten? Ich kann das nicht so ganz nachvollziehen und glaube eigentlich nicht, dass mir dadurch jemals ein Bauteil gestorben ist.


    In der Fertigungsindustrie wird da ein ziemlicher Kult drum gemacht, aber auch nur, weil es dort grosse Stückzahlen betrifft und andererseits solche Fehler empirisch betrachtet nicht unbedingt zum sofortigen Totalausfall des Bauteils führen müssen, sondern eine erhebliche Lebensdauerverkürzung verursachen können. Sowas versucht man fertigungstechnisch natürlich auszuschliessen.


    Aber im normalen Bastelbetrieb bei mir kann ich mich an solche ESD-Ausfälle nicht erinnern, egal wie ich mit den Fingerchen auf die Teile getatscht habe.


    Vielmehr sind bei mir diese Ausfälle (klar, ist mir leider schon in verschiedensten Szenarios passiert) allesamt auf simple Potentialunterschiede zurückzuführen gewesen. Also sozusagen eigene Blödheit, irgendwelche Gerätekaskaden in der falschen Reihenfolge ausgeschaltet, so dass der Strom plötzlich in die andere Richtung floss, oder Masseprobleme.


    Oder der IC ist schon vorgealtert (das Bonding hält auch nicht ewig).


    Aber niemals durch das einfache Zusammenstecken völlig stromloser Geräte.



    Gegen solche Potentialunterschiede können auch diese Schutzdioden helfen, während sie gegen echte ESD-peaks viel zu lahm sind.

  • Das stimmt so nicht, Dioden können durchaus gegen ESD helfen. Es müssen halt die richtigen sein. Entscheidend ist hier, dass es extrem schnell reagierende Dioden sind. Auf jeden Fall schneller als die ansonsten verwendeten Halbleiterstrukturen.
    Wenn das gegeben ist, ist der Schutz da. Der zweite Punkte ist dann für die Energiemenge, die "tot" gemacht werden soll relevant. Das geht nur über "fette" Halbleiterstrukturen. Je nach dem, wie das aufgebaut wird, benachteiligt es aber wieder die Geschwindigkeit.


    Aber klar, Potentialunterschiede können Bauteile auch kaputt machen. Das nennt sich dann aber EOS (= electrical over stress).
    Das sind dann allerdings in der Regel Handling Fehler, so wie Du es auch beschreibst, dass Geräte vielleicht in falscher Reihenfolge ein- oder ausgeschaltet werden.
    Da verstößt der Anwender aber ganz klar gegen die Spezifikationen der Halbleiter (vorausgesetzt, sie sind vernünftig spezifiziert im Datenblatt).


    Aber das ist dann auch normal, dass ein IC kaputt ist, wenn es schlicht überlastet wird. Das kann aber immer passieren, wenn man außerhalb der Spezifikation arbeitet.


    Um das zu verhindern sind die sogenannten Max. Ratings im Datenblatt entscheidend und sollten eingehalten werden. Die Reserve der Halbleiter darüber ist ziemlich dünn und sollte nicht ausgereizt werden, da die Max. Ratings auch nur für kurze Zeit gelten und keine Dauerbelastung sein sollen. Meist ist die entscheidende Größe die Energie, die dann nicht dauerhaft von der jeweiligen Halbleiterstruktur verkraftet werden kann (beispielsweise lokaler Hotspot).


    Aber in Deinem normalen Bastelspaß, merkst Du unter Umständen gar nicht, dass etwas kaputt gegangen ist. Merken tut man das ja direkt nur bei einem richtigen Totalausfall. Kritischer sind schleichende Defekte, die mit der Zeit einfach weiter degradieren.
    Von daher ist das Thema ESD-Schutz schon sehr wichtig und man muss es ja nicht provozieren. So ein ESD-Band kostet ja fast nichts. Ein MOS-Ic ist da schon teurer, wenn es mal hops gegangen ist.
    Von daher achtet man in der Industrie nicht ohne Grund drauf. Meist wird das Thema nur Privatanwendern weggeredet, ohne dass die die Materie verstanden haben. Aber über Ausfälle braucht man sich dann nicht mehr wundern, auch wenn die irgendwann passieren und man an die Handhabung ohne ESD-Schutz nicht mehr denkt und den Zusammenhang auch nicht mehr sehen kann/will.


    So können beispielsweise Deine Ausfälle aus Potentialunterschieden auch auf Grund geschädigter Halbleiterstrukturen basieren. Das ist allerdings für den Laien nicht ermittelbar, warum jetzt der Ausfall tatsächlich kam.


    Weite bleibt natürlich auch noch die Möglichkeit, dass die Halbleitestruktur, die kaputt geht, einen prozesstechnischen Fertigungsfehler hat. Allerdings sind das eher die Frühausfälle und bei unseren Commodore Geräten inzwischen eher unwahrscheinlich.

  • Stimmt schon, das Problem ist halt, dass der Ausfallgrund in einem Einzelfall nicht sicher zu ermitteln ist, das geht nur über Statistiken.


    Sind in den Homecomputern wirklich diese schnellen Transientenschutz-Dioden verbaut? Ich kann mich da eher an eine Vielzahl von 4148/4001 (-clones) in den Schaltplänen erinnern - und die sind auf jeden Fall für wirkliches ESD zu lahm.


    Klar, schaden tut das Bändchen, Teppich, Klimaanlage bestimmt nichts und es trägt sicherlich zu einer prozentualen Verbesserung der Fertigungsqualität bei, aber zumindest bei mir im Bastelbetrieb (und auch bei den Fehlerbeschreibungen durch andere habe ich so den Verdacht) handelt es sich in den allermeisten Fällen um Potentialunterschiede - also letztenendes Handling-Fehler. Meine eigene Blödheit also.


    Abschliessend klären können wird man das nicht. Es gibt höchstens Hinweise im Einzelfall unter dem Elektronenmikroskop und auch die könnten erst in größerer Zahl irgendeine Aussage belegen.


    Vor jedem wie auch immer gearteten Umstecken kurz innezuhalten und zu überlegen "was hat das für Auswirkungen" hat bei mir schon sicher mehr Geräte gerettet.
    Leider vergisst man das auch mal.. ;)

  • Den Ausfallgrund kann man in vielen Fällen durchaus zuordnen, ob das ein ESD-Schaden oder ein EOS-Schaden ist. Man muss sich dabei nur etwas mit der Schaltung und der Funktionsweise auskennen und wissen wie die ESD-Schutzstruktur im IC aufgebaut ist.
    Nur in wenigen Fällen kann man es tatsächlich nicht sagen. Das ist allerdings eher die Ausnahme.


    Schwieriger ist es manchmal zu erkennen, ob der Ausfall durch einen angelegten Strukturfehler verursacht wurde oder nicht. Auf Grund von meist größerer Fläche, die aufgeschmolzen ist, kann man das oft nur schwer erkennen und dafür dann tatsächlich die Ebenen herunter präparieren und sich die Schichten alle sehr genau im Elektronenmikroskop anschauen. Experten können das dann oft eingrenzen, was die Ursache dann war. Solch eine Analyse ist jedoch sehr teuer. Auch das Equipment, dass man für solche Analysen benötigt ist sehr teuer. Machbar ist aber sehr viel, wenn man denn wirklich will.


    Jedoch wird man das in unseren Fällen in der Regel nicht herausbekommen, da man dazu eine Analyse durchführen müsste und das Schaltungsknowhow ansatzweise habe muss bzw. aneignen müsste. Die Firma MOS hätte das früher sicherlich recht leicht beantworten können. Da es die aber nicht mehr gibt und sich keine viel Geld ans Bein binden will, um das dann tatsächlich zu wissen, warum der IC defekt ist, bleibt das unbekannt.


    Je nach Ausmaß kann man die Schäden durchaus auch mit einem Lichtmikroskop erkennen. Bei den "groben" Strukturen der MOS-Chips wahrscheinlich sogar recht oft. Man muss dann nur ungefähr wissen, wo man hingucken muss.


    Das ist richtig, im C64 und Co. sind keine externen ESD-Schutzdioden verbaut. Deine genannten Typen sind dafür nicht geeignet. Das stimmt auch.
    Typischerweise, wenn sich der ESD-Schutz im normalen Rahmen bewegt, ist im IC integriert und jedes Pad auf dem Die bekommt seinen eigenen ESD-Schutz. Dieser kann auch individuell auf seine Funktion und die Sensibilität der nachfolgenden Schaltung abgestimmt sein. Die meisten Pads haben dabei den gleichen ESD-Schutz. Aber Abweichungen zum Beispiel für sensible analoge Schaltungsteile können durchaus Abweichungen haben. Auch bekommen Pins oft einen stärkeren ESD-Schutz, die mit der Außenwelt in Kontakt sind.

  • Hallo,
    hätte ich einen 3D-Drucker und Erfahrungen, würde ich mir (Trans)Portschutzkappen für alle C64-Anschlüsse, insbesondere die mit offenen Metallkontakten, anfertigen.
    Hat darüber mal jemand nachgedacht oder sogar schon was in die Wege geleitet? Wie verhält sich das 3D-Druckmaterial denn elektrostatisch, nicht dass das kontraproduktiv wird.
    Mir wäre das schon etwas wert, um die Chips zu schützen. Die Joystickports wären mal ein guter und universeller Anfang, den man gleich auch bei den 128ern,Amigas und Ataris
    1:1 übernehmn könnte. Die sind großteils genau so empfindlich.
    Gruß
    Mark