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letzter Beitrag von 7Saturn am

Wer braucht Smartphones? / Medienkompetenz

  • Wir Alten denken zu oft schlecht über die Jugend und deren neue Technik.

    Ist ein häufig eingebrachter Punkt, aber ich weiss nicht, ob das in diesem Zusammenhang so zutrifft. Natürlich stimmt es, dass quasi schon immer neue Technik irgendwo verteufelt wurde, auch neue Moden und Geschmäcker. Ob das nun Buchdruck, Mozart, Poesie, Radio, Film, Fernsehen, Jazz, Elvis, Minirock, Beatles, Hippies oder Punk ist, die Älteren haben angewidert den Kopf geschüttelt und den Untergang des Abendlandes herbeifantasiert. Der natürlich nicht eintrat. Die Jugend hat ihre eigene Sprache und eigene Geschmäcker. Wir sind inzwischen nicht mehr "die Jugend", also stehen wir dem fremd gegenüber, wie andere Generationen vor uns auch.


    Aber bei jüngeren Entwicklungen, speziell bei Handys, scheint mir der Wandel und der Unterschied zwischen den Generationen doch so gravierend, dass eine kritische Betrachtung angebracht ist. Handys hatten sehr früh so spezielle Eigenheiten, die tief in bestimmte gesellschaftliche Zusammenhänge hineinreichten, dass es merkliche Auswirkungen hatte, ohne dass die Gesellschaft Korrekturmittel parat gehabt hätte. Eigenheiten wie z.B. die ubiquitäre Verbreitung, ständige Verfügbarkeit und Allgegenwärtigkeit, oder ihre Position als Statussymbole. In diesem Ausmass gab es das vorher nicht - nicht mit Walkman, nicht mit Gameboy, nicht mit Computer, Stereoanlage, Taschenrechner oder sonstwas. Es wäre naiv zu glauben, dass das bei Kindern und Jugendlichen keine Auswirkungen in der Entwicklung hätte.


    Man wird heute kaum einen Personalchef finden (oder HR, oder wie man es nennen will), der nicht darüber klagt, wie schwer es geworden ist, qualifizierte junge Leute für Ausbildung und Beruf zu finden. Die Kids beenden ihre Schulzeit und sehr vielfach können sie keinen Satz fehlerfrei schreiben, verfügen über keine textanalytische Lesekompetenz, und Rechnen geht sowieso nicht, neben noch viel mehr anderen negativen Entwicklungsaspekten. Das ist sehr deutlich ein viel grösseres und viel verbreiteteres Problem als wohl jemals zuvor. So sehr dass Unternehmen inzwischen ihre Auswahlkriterien anpassen, weil sie sonst buchstäblich jeden Bewerber ablehnen müssten. Einer meiner Freunde ist Berufssoldat und hat dort entsprechend Erfahrung mit der Ausbildung von Schulabgängern sowohl zu Zeiten der Wehrpflicht als auch heute; wir haben uns schon öfters darüber unterhalten wir sehr das auch bei denen ein gravierendes Problem ist. Ich selbst habe in der Zeit, als Handys aufkamen, rund zehn Jahre mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet (im Bereich Sport). Ich fand diese Entwicklung, diesen Wandel oder Unterschied in diesem Zeitraum überdeutlich spürbar. Ich habe mich öfters gefragt, ob das nicht einfach daran lag, dass ich selbst älter wurde, aber bei genauer Betrachtung war das wirklich nicht so. In der zweiten Hälfte der 90er, absolut parallel mit der rasanten Verbreitung von allgegenwärtigen Handys und der ständigen Fokussierung darauf und Beschäftigung damit, wurden die Kids massiv oberflächlicher, ignoranter, sozial unverträglicher und, ja.... einfach blöder.


    Natürlich ist das keine repräsentative Studie, nur eine (wenn auch oft gemachte) subjektive Wahrnehmung. Da werden sicherlich noch andere gesellschaftliche Veränderungen und Faktoren eine Rolle spielen, z.B. die Unterschiede und Entwicklungen in den Erziehungsmethoden über die Jahrzehnte hinweg. Wenn ich es mal überspitzt formulieren darf, wer Erziehung so betreibt, dass Kinder unbeaufsichtigt, grenzen- und regellos vor den Fernseher oder den Computer gesetzt werden damit die Eltern ihre Ruhe haben, ohne dass Familienleben stattfindet, ohne dass sie gefördert und gefordert werden, ohne dass Autorität, Werte, Führung und Leitbilder in der Familie positiv wirken, der braucht sich auch nicht wundern, wenn da am Ende Murks bei rauskommt... Aber wie gesagt, ich halte es für naiv, modernen technischen Entwicklungen ihre Rolle abzusprechen, wenn sie so dermassen unvermeidbar und allgegenwärtig sind wie das z.B. bei Handys (Smartphones, whatever) der Fall ist, und so gravierend tief in den Alltag eingreifen, und das innerhalb so kurzer Zeiträume von nur wenigen Jahren von Null auf Überall.


    Sicher Terror tötet Menschen, aber Alkohol am Steuer tötet wesentlich mehr Menschen, verkauft sich aber nicht so gut.

    Klar, altbekanntes Phänomen. Eine Frage der subjektiven Wahrnehmung, der Sensitivität, der Klickzahlen und der gefühlten Wirklichkeit. Nilpferde töten jedes Jahr ein Vielfaches mehr an Menschen als Haie, trotzdem wird jeder Haifurz vor einer Küste mit einer Nachricht bedacht ("Der Weisse Hai" sei Dank...), und auf Discovery läuft "Shark Week" anstatt "Hippo Week". Fliegen ist statistisch um ein mehrfaches sicherer als Autofahren, trotzdem haben die Leute Flugangst anstatt Autobahnangst. usw.usf.

  • Ist das so mit den Jugendlichen? Ich kann ja nur von meiner Tochter sprechen und die sucht dieses Jahr einen Studienplatz für Deutsch auf Lehramt. Ihre Freunde sind da nicht anders. Handy ist auch dort überall Kommunikationsmittel erster Wahl, wenn man nicht vis a vis ist. Rauchen ist da ziemlich verpönt und Alkohol bei Partys hält sich stark in Grenzen. Die Jungs bringen alle Mädels bis zur Haustür. Alles so wie es sein soll meiner Meinung nach.


    Es gibt bestimmt auch eine Menge Negativbeispiele, aber gleich die Masse der Jugendlichen so schlecht abzustempeln halte ich für falsch.


    Nur mal so für die Statistik. Wir wohnen in Berlin Marzahn und wollen hier auch alt werden.


    Ich für meinen Teil bin super stolz auf meine Tochter und finde die Jugendlichen, die persönlich hier zuhause waren, durch die Bank weg in Ordnung. Vielleicht bin ich aber auch nur ein hoffnungsloser Optimist.

  • Ist Deine Tochter nicht erst 16? Dann sucht sie einen Studienplatz? Wieviele Klassen hat sie denn übersprungen?
    Dann ist sie aber auch wesentlich weiter als andere. Der Vergleich ist nicht wirklich möglich. Ich habe teilweise im Unterricht kaum Inhalt durchnehmen können, da sehr große Lücken vorhanden sind. Da verbaselt man sehr viel Zeit und das zieht sich dann weiter. Wer die Grundlagen nicht verstanden hat, muss eben mehr leisten oder eben vorarbeiten.
    Das mit den Didaktikprofs ist wirklich so. Die haben noch nie eine Schule von innen gesehen, aber wollen mir erzählen was ich zu tun habe und kritisieren einen. Dabei habe ich genau solche Sachen probiert und das klappte nicht. Selbst mit Begründungen wird das nicht angenommen. Nur sie haben Recht. Da ich gerade im Praktikum war, habe ich sie eingeladen, aber natürlich würde ein Prof nie einer Einladung von einem kleinen Studenten folgen. Also einige würde das machen, aber die sind auch einfach kompetenter. Das merkt man schon sofort in Seminaren und Vorlesungen. Das war aber auch mal so OT.

  • Kleiner Tipp von meiner Seite.
    Wenn ihr weiter gesellschaftskritische Themen diskutieren wollt, benutzt dazu die Politikecke. Diese ist von Gästen nicht einsehbar. Wäre doch schlecht, wenn man diese Themen auch noch in ein paar Jahren in den Suchmaschinen findet, oder?. :bgdev

  • Ist das so mit den Jugendlichen? Ich kann ja nur von meiner Tochter sprechen und die sucht dieses Jahr einen Studienplatz für Deutsch auf Lehramt. Ihre Freunde sind da nicht anders. Handy ist auch dort überall Kommunikationsmittel erster Wahl, wenn man nicht vis a vis ist. Rauchen ist da ziemlich verpönt und Alkohol bei Partys hält sich stark in Grenzen. Die Jungs bringen alle Mädels bis zur Haustür. Alles so wie es sein soll meiner Meinung nach.

    Jugendliche waren übrigens schon immer sehr gut darin, ihre Eltern möglichst nur das sehen zu lassen, was sie sehen sollten, nicht das was wirklich abgeht... ;)

  • Wieso das denn? Gesittet sind wir immer und in einigen Jahren ist die Menschheit so degeneriert (also die anderen, nicht ich :), dass die nicht mal mehr eine Suchmaschine benutzen können.


    Also keine Sorge *harrharr


    Meine Eltern haben mich immer durchschaut und erwischt. Da war nix mit vorspielen. Vielleicht bin ich aber auch einfach zu schlecht ;)

  • Wir wohnen in Berlin Marzahn und wollen hier auch alt werden.

    Ich habe mit meiner kleinen Familie über 20 Jahre in Berlin Hellersdorf, also in direkter Nachbarschaft zu Marzahn gelebt und ich bin vor 7 Jahren da weg, weil ich da nicht alt werden und mir den sozialen Verfall antun wollte. So verschieden ist das!
    Der Auslöser für meinen Auszug dort war übrigens ein über mir eingezogenes 16 jähriges Mädel mit Neugebohrenem, bei der alle zwei Tage die Polente zu Gast war aber nie das Jugendamt. Und weil ich mit deren Verhaltesweisen Probleme hatte und dazu auch mal was gesagt habe, wurde dann mein kleiner Hund so lange mit Knallkörpern traktiert, bis er taub war. Ich hätte damals fast eine schlimme Dummheit gemacht, habe dann aber den Schwanz eingezogen und bin weggegangen. Angsthase eben. || Im Erdgeschoß haben die Rechten gehaust. Nee, so unterschiedlich ist das eben. Und meine Tochter hat in den Schulen dort auch viele Erfahrungen sammeln dürfen, nur halt nicht die besten.


    Das das bei Dir (Deiner Tochter) so gut läuft ist euch nur zu wünschen, aber aus meiner 20 Jährigen Erfahrung nicht die Regel. Da gäbe es so einiges zu berichten. Und leider viel mehr negatives als positives. Das hatte ich mir auch anders vorgestellt und gewünscht. Aber das Leben ist ja nunmal kein Wunschkonzert, gell.

  • Das kann ich gut verstehen, da wäre ich auch weggezogen. Wir leben jetzt seit 8 Jahren hier und sowohl auf der Grundschule als auch jetzt Gymnasium gab es keine Probleme. Auch in unserer Genossenschaft wohnen fast nur umgängliche und ganz normale Leute. Klar gibt es auch in der Umgebung üble Gestalten. Marzahn ist da schon sehr "vielseitig" vom Hausbesitzer mit dickem Auto bis zur letzten Kackbratze finde man hier alles. Ich liebe das Grüne an dem Bezirk und das Wohnen am Stadtrand.


    Mir ist schon klar. dass dies mit Sicherheit kein Wunschbezirk ist. Ich wollte auch nur mal zeigen, dass da nicht nur die typischen Stereotypen wohnen.


    Ich jedenfalls sehe die Welt und die Jugend darin nicht schwarz.

  • Ich jedenfalls sehe die Welt und die Jugend darin nicht schwarz.

    Auf keinen Fall. Das ist auch Grundverkehrt. Sehe ich genau so. Deshalb finde ich es auch um so erschreckender, dass man in den Medien ständig das Gegenteil um die Ohren gehauen bekommt. Das verstehe ich nicht und es macht mir Angst.
    Stcihword: Fachkräfte- und Nachwuchsmangel z. Bsp. im Handwerk, da angeblich die Schulabgänger mangels Bildungsstand nicht ausbildungsfähig währen. Ich bin übrigens im Handwerk tätig.


    Wann kommt denn mal jemand auf die Idee, das das vielleicht nicht an der heutigen Jugend an sich liegt sondern evtl. andere Gründe haben könnte? Ich habe da so meine Zweifel an dieser Darstellung und vermute in meiner paranoiden Denke sogar systematische Hintergründe.


    Schlimm ist auch wenn man mit ansehen muss, dass die paar die es in eine z. Bsp. Handwerkliche Ausbildung schaffen dann doch nur als billige Arbeitskräfte verheizt werden. Ich habe das in meiner beruflichen Laufbahn leider mehrfach erlebt. Die Auzubis haben dann natürlich irgendwann aufgegeben.


    Desahlb, gut das es noch Leute wie Dich gibt, die an die Jugend glauben! :thumbup:

  • Wann kommt denn mal jemand auf die Idee, das das vielleicht nicht an der heutigen Jugend an sich liegt sondern evtl. andere Gründe haben könnte?

    Als da wären? Die Ausbildungsgänge und Einstellungskriterien sind nicht nach oben verändert worden.



    Ich habe da so meine Zweifel an dieser Darstellung und vermute in meiner paranoiden Denke sogar systematische Hintergründe.

    Gut, bloss weil du paranoid bist heisst das natürlich nicht, dass sie nicht doch hinter dir her sind...

  • Die Ausbildungsgänge und Einstellungskriterien sind nicht nach oben verändert worden.

    Jedenfalls offiziell nicht. Das mag sein. Unternehmer stellen aktuell deutlich höhere Anforderungen an die Bewerber, so das z. Bsp. Hauptschüler garnicht erst die Chance bekommen, ist Fakt! Viele Betriebe geben sich dann aber nicht wirklich Mühe bei der Ausbildung, da ein Azubi eigentlich eine schön billige Arbeitskraft ist. Ich quake das nicht nur so daher. Habe das selbst viel zu oft miterlebt und es lag nicht am mangelden Interesse der Azubis. Könnte Bücher drüber schreiben! Aber wenn man soetwas nicht selbst miterlebt hat, glaubt das natürlich keiner denn was nicht sein darf, ist ja auch nicht.


    Meine Tochter ist ein leuchtendes Beispiel dafür. Was der Ausbildungsbetreib mit der veranstaltet hat ist schon kriminell gewesen. Das war alles, nur keine Ausbildung! Der Unternehmer hat sich zum Schluß sogar hingestellt und größzügig erklärt, das er sogar in seiner unendlichen Güte eine Anstellung als ungelernt in betracht gezogen hätte. Darauf war das ganze dann auch von Anfang an ausgelegt. Meine Tochter hat die Ausbildung trotz aller Wiedrigkeiten erfolgreich abgeschlossen weil Sie das unbedingt wollte. Ist dann aber dort selbstverständlich weg gegangen. Allerdings hat sich dann die Kammer bei einer entsprechenden Beschwerde schützend vor seinen zahlenden Mitgliedsbetrieb gestellt, obwohl die nichteinmal einen zugelassenen Ausbilder hatten. Inoffiziell wurden wir um diskretion gebeten. Asozialer geht es kaum. Soviel zum Thema "paranoid"!


    Außerdem gehört doch auch und vor allem eine gewisse Motivation dazu, Schulabgänger für zu begeistern. Handwerk ist nunmal aus bekannten Gründen nicht besonders attraktiv bei der Berufswahl der jungen Leute und daran sollte man mal etwas ändern. Aber vielleicht will das ja garkeiner? Rückblickend, wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, würde ich den Fehler eine berufliche Karriere im Handwerk einzuschlagen sofort korrigieren. Aber sofort! Habe mich mit Mitte 20 im Rahmen einer Umschulung dazu entschlossen. Das war eine schlechte Entscheidung!

  • Ich denke auch, dass die Anforderungen erhöht wurden. Ich bin selbst Hauptschüler aus dem Wedding und konnte damals eine Lehre als Elektroniker machen, die ich auch mit Bravour bestanden hatte. Heute wird das vielleicht wirklich schwerer sein. Gut, meine Tochter geht jetzt den akademischen Weg, was auch für mich total neu und aufregend ist, daher kann ich nicht sagen wie der andere Weg jenseits das Abis läuft. So wie ich aber mitbekommen habe, wird in vielen Berufen auch schon Abitur verlangt, wo damals ein Realschulabschluß reichte. Irgendwas hat sich da meiner Meinung nach geändert.