Moin,
ich hab zu wenig Platz auf'm Schreibtisch!
Dieser Satz begleitet mich schon mein halbes Leben. Obwohl die Schreibtische größer wurden, der Platzmangel blieb bestehen. Und da neben dem PC auch der C64 in Reichweite sein muss, habe ich mir als Lösung einen kleinen C64 gewünscht. Nein, keinen DTV...
Ich fing mit dem Projekt schon ca. Juli 2015 an, habe es aber aus persönlichen Gründen für ein dreiviertel Jahr auf Eis legen müssen, Gesundheitstechnisch war mit dem Basteln halt Pause. Im Mai 2016 begann ich dann wieder weiter zu entwickeln und da ich heute einen ersten Meilenstein über die Bühne gebracht habe, gibt es diesen Post. Ich habe auch vor, hier weiterhin über die Fortschritte (oder auch Rückschläge) in diesem Projekt zu berichten.
Es haben viele versucht den C64 nachzubauen. Es gibt/gab ein paar EAGLE-Entwürfe im Netz, aber wirklich realisiert wurden meines Wissens nur zwei Projekte: Der C64R von Jens Schönfeld (gleiche machanische Größe) und das "C64 Micro ATX Replacement Motherboard" von David Maurer (Micro ATX-Format).
Mein Nachbau sollte kleiner sein. Sagte ich schon, dass ich nur begrenzt Platz habe?
Ursprünglich habe ich versucht, den C64 auf die Größe von 160mm*100mm (Eurokarte) zu bekommen. Ich hatte in den Neunzigern bereits einen VC20 auf einer Eurokarte nachgebaut (der immer noch funktioniert), von daher schien mir dieses Format angebracht. Auch habe ich eine EAGLE-Lizenz, die maximal diese Größe zulässt. Und bei mehr als 20 Jahren Erfahrung mit EAGLE, wollte ich dies auch für das Projekt als CAD-Tool verwenden. Es kam aber etwas anders.
Beim Platzieren der Bauteile zeichnete sich schnell ab, dass 160mm*100mm nicht reichen werden. Und auch wenn ich SMD-Technik einsetze, wo immer es möglich ist, so musste ich die Platine vergrößern. Aber was war die Größe, mit der ich am Besten leben konnte? Die neue Platinenmaße ergab sich aus dem Preis, welchen die Leiterplattenfirma für die Fertigung nimmt. Die Platine wird über Elecrow in China produziert. Dort wäre das nächstgrößere Maß nach 160mm*100mm 200mm*100mm. Und wenn die Platine eng bestückt wird, dann lassen sich auch alle Bauteile drauf platzieren.
Also habe ich die Größe auf 200mm*100mm festgelegt.
Aber was mache ich mit EAGLE? Cadsoft wollte eine nicht unwesentliche Summe für ein Lizenzupgrade. Und ich wollte dieses Geld lieber in Hardware (sprich Bauteile) investieren. Auch habe ich schon einige Zeit mit KiCAD geliebäugelt, finde die Features und das Lizenzmodell echt klasse und glaube auch das EAGLE da nicht mehr aufholen kann. Ich habe bei Projektstart mich ca. einen Monat lang mit KiCAD vertraut gemacht und langsam angefangen, Schaltzeichen und Schaltpläne zu zeichnen. Später kam das Platzieren der Bauteile in PCBnew hinzu und ein vorsichtiges Routen der ersten Leiterbahnen. Auch wenn der Schaltplan noch nicht fertig war.
Dann kam meine Auszeit und das Projekt blieb bis Mai 2016 liegen.
Ab Mai 2016 habe ich mich nochmal intensiv mit KiCAD beschäftigt und muß im Nachhinein sagen: Es war es absolut Wert! Ich habe den Schaltplan vervollständigt, Bauteile (Footprints) gezeichnet, platziert und die ganze Platine geroutet. Man muss sich zwar an den Arbeitsablauf bei KiCAD gewöhnen (erst recht, wenn man von EAGLE umsteigt), aber ich bin davon überzeugt, dass ich die Platine in EAGLE niemals so schnell fertiggestellt bekommen hätte! Die fertige Platine hat vier Lagen, wird nur von der Oberseite bestückt und ist blau!
Ich habe folgende Features vorgesehen:
* Alle Originalbauteile eines C64 werden verwendet (ausser Taktgeber 8701, da habe ich was Besseres...)
* Spannungen für SID (9V/12V) und VIC (5V/12V) sind wählbar
* Originalbuchsen für Tastatur, Joysticks, Floppy und Video
* zusätzlicher S-Video-Ausgang
* zusätzlicher Verstärker mit Lautstärkeregler (und Bass-Boost ) für Lautsprecher oder Kopfhörer
* ESD-Schutz an allen externen Anschlüssen
* Eigene 50Hz-TOD-Erzeugung mit Möglichkeit der Frequenzjustage
* Möglichkeit mehrere Kernals und Charsets zu verwenden
* XLink-Funktionalität eingebaut (hardwaretechnisch ginge vielleicht auch Servant64)
* Mehrphasen-Spannungsversorgung (5 Schaltwandler) mit weitem Eingangsspannungsbereich (12V bis 30V)
* Filter für die Versorgungspins vom SID und VIC
* Steckplatz für ein ESP8266-01 WLAN-Modul (da gibt es aber noch nichts wirklich vorzeigbares)
"Wofür willst Du die Platine denn haben?"
Das Ziel ist es, die Platine ständig auf meinem Schreibtisch neben dem PC stehen zu haben. Ich will eine Plattform haben, um schnell ASM-Routinen testen zu können, oder eventuell Spiele (One-Filer) zu spielen. Dafür ist auch die Xlink-Funktionalität aufgenommen worden. Somit kann ich vom PC aus über USB Programme oder Routinen zur Platine schicken und sie praktisch fernsteuern. Im Moment gehe ich davon aus, dass ich die Tastatur gar nicht benötigen werden, sondern alles über den PC steuern werde. Aber wir werden sehen, wie sich das alles so entwickelt.
Ich habe die Schaltung der C64C-Version gewählt, da durch das grosse PLA doch einiges an Bauteilen eingespart werden kann. Von diesen PLAs gibt es zwei Versionen: Eine mit eingebautem FarbRAM und eine ohne FarbRAM. Ich hätte gerne die Version mit FarbRAM verbaut, diese habe ich aber nirgens auftreiben können. Deshalb hat meine Platine die Version ohne FarbRAM, sowie ein extra FarbRAM (jedoch kein 2114, sondern ein 6264).
Ich habe die letzten zwei bis drei Wochen mit dem Finishing (Aufhübschen) der Platine verbracht und sie heute zur Fertigung zu Elecrow geschickt (Blaue Platine mit ENIG-Oberfläche). Damit verlasse ich wohl den Bereich der "Vapor-Ware". In ca. drei Wochen (Multilayer-Platinen dauern etwas länger) werde ich dann wohl ein paar Exemplare in meinen Händen halten können.
Mit einfachem "Bestücken und läuft" ist es dann allerdings nicht getan. Während die Bauteilwerte für den C64-Teil schon feststehen, so werde ich beim Netzteil noch einige Zeit an Entwicklung reinstecken müssen. Aber dafür ist das Hobby ja da...
Als einen der nächsten Schritte muss ich jetzt auch die Stückliste aufarbeiten und mit dem Bestellen der Bauteile beginnen.
Anbei noch zwei 3D-Ansichten aus KiCAD. Sagte ich schon, dass KiCAD klasse ist?
Einmal die Vorderseite als Gesamtansicht sowie einen Teil der Rückseite (der allerdings nicht soooo interessant ist). Ich hoffe das Forum rechnet die Bilder nicht noch gröber...
Soweit der erste Post.
Gruß,
Thomas
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