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Warum wurde der C64 so billig verkauft

  • Ja, ihr habt richtig gelesen. Ich bin kürzlich über ein paar Statistiken und Artikel gestolpert. Z.B. hat der C64 den Apple II in Stückzahlen enorm geschlagen. Apple hat in den 80ziger aber fast immer mehr Kohle verdient

    als Commodore, nicht umsonst ließt man in den Artikeln, dass bei Commodore die Kassen immer recht knapp waren, so dass ein paar Fehlschläge wie 264er Reihe, CDTV, A600 den Konzern in den massive Schwierigkeiten brachte.


    Beim Vergleich mit dem Apple II ist der 64er m.E. in Summe deutlich überlegen. Vergleiche, die ich aus anderen Foren gezogen habe, sagen, dass der Apple in der Materialanmutung höherwertiger hergestellt wurde und er bot

    Erweiterungsmöglichkeiten innerhalb des Gehäuses. In allen anderen Katergorie schlug der C64 den Apple II (Grafik, Sound) oder war mindesgtens ebenbürtig (Ram-Ausstattung). Laut Wikipedia war der Apple II auch nur im 40 Zeichen Modus zu bekommen.


    Dennoch konnte Apple den II für ca. 1300 $ verhökern, Commodore für ca. 600$.


    Da frage ich mich halt, wieso konnte Apple seine Kisten für das doppelte verhökern und damit wesentlich besser die Kriegskasse füllen als Commodore, oder anderherum, warum konnten die nicht ihre Kisten teuerer verkaufen.


    "Killer-Anwendungen" werden hin- und wieder ins Felde geführt. Die hätten aber auch fix auf 64 portiert werden können, leistungstechnisch sprach da nix gegen.


    Dann vielleicht noch der Zeitvorteil, dass Apple II 5 Jahre früher erschien und die dazu konkurriende PETs / CBM weniger Leistung hattten, so dass sich Apple einen besseren Namen aufbauen konnte :gruebel

  • Dennoch konnte Apple den II für ca. 1300 $ verhökern, Commodore für ca. 600$.

    Apple hat seine Kisten in den USA an die Schulen fast verschenkt und es gab einen großen Zubehörmarkt.


    Blaupunkt hat auch für den Apple II produziert, eventuell gab es sogar Blaupunkt Clones vom Apple II.


    Der Apple war auch in den Computershows der frühen 80er präsent (Alpha 5, WDR Computerclub).


    Mir scheint der Apple war damals einfach schon überall.


    Micha

  • Ich denke Commodore hatte eine andere Zielgruppe, und entsprechend vermarktet ("Volkscomputer" Anlehnung an "Volkswagen"). Die Zielgruppe war entsprechend "Jederman" und nicht etwa "Power Nutzer" oder wie bei Apple heute "Lifestyle"/"Status".


    Entsprechend hat Commodore den FC Bayern gesponsert und war auf allen Schulhöfen vertreten. An Apple in den 80ern erinnere ich mich eigentlich nur als schräger Nischen-Computer der ab und zu in irgendwelchen Computermagazinen genannt wurde, und sonst nichts mehr. Niemand den ich kannte hatte einen Apple, und obwohl ich auch in den 90ern mich rege mit Computertechnik befasst habe ist mir ein Apple II oder ähnliches nie über den Weg gelaufen.


    Apple hat über die Marge gearbeitet (sprich der Gewinn der am Ende pro verkauftem Gerät rauskam), während Commodore über die verkaufte Menge Geld verdient hat.


    Apple wie auch Commodore haben zu lange an obsoleter Technik festgehalten. Commodore kostete dies Mitte der 90er den Kopf. Apple war Mitte / Ende der 90er ebenfalls vor dem Aus. Dies wird gerne vergessen, wenn man sich heute so ansieht wie erfolgreich die Firma ist ($400 Milliarden Umsatz und 1/4 davon Gewinn).


    Ich bin jetzt kein Experte für oder sogar Fan von Apple... aber ich erinnere mich, dass Apple praktisch Zahlungsunfähig 1997 war, und man mit Mühe und Not das Ruder rumgerissen hat. Steve Jobs kam in die Firma zurück (Ich glaube Mitte der 80er ging Jobs und gründete NEXT), und das goldene Zeitalter mit iMac, MacBook, Ipods und iPhone begann.

    Apple also hat am Ende überlebt, weil die Leute damit "Status" und "Hip sein" verbunden haben. Commodore hat nie eine "Marke" aufbauen können wie es Apple getan hat. Der Faktor "Steve Jobs" ist sicherlich auch von erheblicher Bedeutung.


    [Anmerkung: Der Exkurs über Apple dient der Veranschaulichung, warum Apple trotz niedriger Verkäufe am Ende der "Sieger" war gegen Sinclair, Commodore, Atari]

  • Entsprechend hat Commodore den FC Bayern gesponsert und war auf allen Schulhöfen vertreten. An Apple in den 80ern erinnere ich mich eigentlich nur als schräger Nischen-Computer der ab und zu in irgendwelchen Computermagazinen genannt wurde, und sonst nichts mehr. Niemand den ich kannte hatte einen Apple, und obwohl ich auch in den 90ern mich rege mit Computertechnik befasst habe ist mir ein Apple II oder ähnliches nie über den Weg gelaufen.

    Mein erster Kontakt mit einem Computer war ein Apple II System und in den USA hat Apple ein riesen Rock Festival gesponsert



    Egal was Commodore gemacht hat, Apple hat das in den USA einfach noch ne Nummer größer gemacht, wir haben das nur hier nicht mitbekommen.


    Micha

  • "Killer-Anwendungen" werden hin- und wieder ins Felde geführt. Die hätten aber auch fix auf 64 portiert werden können, leistungstechnisch sprach da nix gegen.

    Die lahme 1541-Floppy war schon ein K.O.-Kriterium, die den C64 für viele Anwendungen disqualifizierte.

    Mit 3" wäre das nicht passiert. :prof: :wegback:

  • Ich denke Commodore hatte eine andere Zielgruppe, und entsprechend vermarktet ("Volkscomputer" Anlehnung an "Volkswagen"). Die Zielgruppe war entsprechend "Jederman" ... Entsprechend hat Commodore den FC Bayern gesponsert ...

    Commodore hat nie eine "Marke" aufbauen können wie es Apple getan hat.

    Also ich kann mich an eine Umfrage aus den 80ern erinnern, wonach Commodore bekannter war (weit über 90%} als der damalige Bundeskanzler.

  • Also ich kann mich an eine Umfrage aus den 80ern erinnern, wonach Commodore bekannter war (weit über 90%} als der damalige Bundeskanzler.

    Das ist ja ne Umfrage die total ins Leere geht, frag mal in den USA ob Scoda oder Merz bekannter ist.


    Man könnte sich fragen warum Apple im Gegensatz zu Acorn (Electron) nie versucht hat den C64 preislich anzugreifen.


    Micha

  • Jacks Spruch gibt ja keine konkreten Anhaltspunkt für: Was ist der niedrigst Preis, wer ist die Masse.


    Eine Firma versucht erst mal den Gewinn zu maximieren und Jack soll ein harter Geschäftsmann gewesen sein. Er wäre sau blöd gewesen auf Gewinn zu verzichten, den man hätte leicht einstreichen können durch Erhöhung der Preise und Reduktion der angepeilten Absatzmenge oder es gab eben gute Gründe nicht in die Preisregion von Apple vorzudringen. Vielleicht haben kluge Marketing-Fuzzis eben ausgerechnet, dass nicht mehr geht.


    Den Preis nach unten hätte Commodore ja immer noch anpassen können, sobald die ersten Käuferschichten abgefrühstikt. So läufst ja heute in jeder Branche. Kunden, die zu erst ein Produkt unbedingt haben wollen, berappen deutlich mehr als jene die abwarten und später einsteigen.


    Ich habe irgendwo mal eine Grafik gefunden (habe leider den Link nicht mehr parat), dass Apple in allen Jahren immer mehr Kohle verdient hat trotz geringerer Marktdurchdringung als Commodore.

  • US Festival von Steve Woszniak, der damals NICHT mehr bei Apple war, gesponsort. Das Festival war ein Riesen-Flop und da gingen Millionen verloren.


    Ja, aber auch USA - Europa. Es ist nicht so, dass ich in den USA aufgewachsen oder gelebt habe in den 80ern. Die meisten hier auch nicht. Der Apple II bleibt so 4-6 mal zurück was Verkaufszahlen angeht, und das weltweit.



    Wegen dem Cournotschen Punkt [= der Punkt an dem die Absatzmenge mal Preis die Gewinnmaximum erbrigen. Sehr stark vereinfacht ]: Das eine Geschäft läuft über Marge, dass andere über Masse. Siehe oben :) Gibt Apple die Geräte zu günstig her, verliert man die bisherige Kundschaft gewinnt aber keine neue.

  • Die alten Apple-Kisten enstammen aus dem Anspruch der 70er, Privatpersonen überhaupt mal irgendeinen Computer anzubieten.


    Wenn der Apple II irgendwo beliebt war, dann weil er als native Pascal-Maschine und als CP/M-Rechner eingesetzt werden konnte und damit die ernsteren User ansprach, die ihre Bürosachen damit erledigen oder eine moderne Programmiersprache wollten, bevor sich der viel teurere PC im Privatumfeld durchsetzte. Apple II = PC/XT-Konkurrent, aber noch immer deutlichst günstiger – so sah auch die Werbung damals aus.


    Deshalb würde ich den nicht mit dem Entertainmentgerät C64 vergleichen, der von den meisten Anwendern für sein integriertes BASIC und Spiele (in umgekehrter Reihenfolge :P) geliebt wurde. Commdore wusste, dass der C64 der ideale Schülercomuter ist und hat den Preis entsprechend gestaltet. Der Anspruch des C64: Der tollste, bunteste und musikalischste Allround-Computer für Jedermann/frau – so wie später noch beim Amiga.


    Aber es stimmt, irgendwann wollte sich Commodore auch den Markt der ernsteren Anwendungen erschliessen – darum wurde der C128 CP/M-Kompatibel gemacht. :) Der Anspruch des C128: Wir wollen jetzt einfach alles …


    Ich sehe den Fight nicht zwischen Commodore und Apple. Sondern Apple hat den Atari beerbt, viele Mac-Anwendungen starteten auf dem ST. Der ST ist ja designtechnisch auch an den Mac angelehnt, und als Apple gewann, lebten und viele Atari-Anwendungen lebten auf dem Mac weiter.


    In der Clique der Homecomputer-Hersteller war Commodore einzigartig. :) Verloren haben sie erst gegen den Multimedia-PC der frühen 90er, der alles von der Büroanwendung, über Spiele bis zu Musikproduktion konnte, weil man einfach alles in diese riesigen Kisten reinstopfen konnte und der stupide ISA-Bus selbst unbegabten Hardwareentwicklern entgegen kommt.


    [Viel Richtiges …]


    Apple also hat am Ende überlebt, weil die Leute damit "Status" und "Hip sein" verbunden haben

    Nö, der Mac war für sehr viele Branchen (Druck, Foto, Musik) das Gerät der Wahl, auch als sie kränkelten. Sie haben einfach zu lange >versucht<, ein vernünftiges Nachfolge-OS auf die Beine zu stellen. Deshalb sind die in den 90ern so in Schieflage geraden: CPUs schneller als Intel, aber Mac OS Classic eher Vergleichbar mit Windows 3.11.


    Als es dann via Übernahme von NeXT mit dem zugekauften Mac OS X sogar ein richtiges Unix-System gab, die Qualität der Software gesteigert wurde und die Rechner fortan nur noch auf zukunftfähige Hardware und Firmware setzten, erweiterte sich die Zielgruppe der Medienschaffenden um Poweruser, Webworker, Programmierer. Er bot nämlich ein out-of-the-box funktionierendes System, das Einsteiger freute und Profi-Nerven schonte. Andererseits mit wichtigen, brauchbaren Tools integriert und Profi-APIs, das steigenden Ansprüchen (Programmieren, Shell-Bedienung, Unix-Software) offen blieb. Daraus wurde das, was Solaris oder NeXT nicht geschafft haben, und es steigerte sich der Marktanteil wieder. Dazu ein Windows, das immer mehr User verärgert.


    Erst nach dem iPhone kam ein spürbarer "in"-Faktor dazu und mit dem Dahinscheiden von Jobs verlor sich die vorherige Poweruser-Ausrichtung. Aber dass Macs (nicht iPhones) nur für den Status gekauft werden, ist vor allem ein Mythos der Win-Anwender.

  • [Viel Richtiges …]


    Erst nach dem iPhone kam ein spürbarer "in"-Faktor dazu und mit dem Dahinscheiden von Jobs verlor sich die vorherige Poweruser-Ausrichtung. Aber dass Macs (nicht iPhones) nur für den Status gekauft werden, ist vor allem ein Mythos der Win-Anwender.

    I pod, und die Fähigkeit im Apple Store Musik zu kaufen (ab 2001) hat aus der 5-10 Milliarden Umsatz im Jahr Firma (ca. 2000) eine $100+ Milliarden im Jahr Umsatz machende Firma gemacht. Der "Faktor Jobs" ist dabei der zentrale. Jobs wurde mit NeXT "mitgekauft", und brachte seine Ideen, seine Persönlichkeit (Marketing & Medienpersönlichkeit) mit ein.


    Commodore fehlte immer eine solche Persönlichkeit. Big Jack war eher Kinderschreck als charismatische Persönlichkeit :)

  • Jacks Spruch gibt ja keine konkreten Anhaltspunkt für: Was ist der niedrigst Preis, wer ist die Masse.

    Ich würde sagen, so billig wie möglich und für so viele wie möglich. Ob klug oder dumm, es ist hinreichend dokumentiert, dass dies die Geschäftsstrategie von Jack Tramiel war. Den Markt mit Billigprodukten zu überschwemmen, um Konkurrenten zu verdrängen, war schon immer ein probates Mittel. Dabei ging Commodore mehr als andere Kompromisse bei der Qualität ein und nutzte die Tatsache, dass man mit MOS eigene Chips herstellen konnte, während die Konkurrenz diese mit Aufpreis zukaufen musste.


    Hier wurde wohl zukünftige Marktmacht gegen kurzfristige Gewinnmaximierung eingetauscht. Auch das ist eine bekannte und nicht unbedingt dumme Strategie.

  • Hier wurde wohl zukünftige Marktmacht gegen kurzfristige Gewinnmaximierung eingetauscht. Auch das ist eine bekannte und nicht unbedingt dumme Strategie.

    Dumm nur wenn sich das als Strohfeuer erweist und der Preisvorteil nach C64, A500 und A1200 immer mehr ins Hintertreffen gerät.

    Nach dem Amiga hätte von Commodore ein neuer Bestseller kommen müssen. Dann sind wir aber wieder bei Fahrradkette ...