Hello,
Ubuntu hat ja beschlossen, dass mit "i386" Schluss ist. Die letzte LTS-Version war 20.04, dafür gibt es noch bis April 2023 Updates, dann ist "Schicht im Schacht". Man soll eine amd64-Neuinstallation durchführen. Gut, kann man machen, wenn man /home wegsichert und wiederherstellt, bleiben einem sogar Daten und Einstellungen erhalten. Man muss halt wissen, was man alles nachinstalliert hatte und welche "Optimierungen" man dem System angedeihen hat lassen.
Andernfalls gibt es mittlerweile eine Anleitung für Debian, dort wird Crossgrading seit 2020 unterstützt: https://wiki.debian.org/CrossGrading . Die funktioniert vielleicht mit etwas Handarbeit auch für Ubuntu, das basiert ja auf Debian.
Nun gibt es aber Leute (z. B. mich ), die haben ein Netbook mit Atom-Prozessor. In meinem Falle ist es ein Lenovo Ideapad S10, ein schnuckeliges Ding mit 2 GB RAM und normaler SSD in Standardgröße. Nach dem Willen von Ubuntu soll ich das also wohl entweder nicht mehr updaten oder gleich wegschmeißen, denn der Prozessor ist nicht "amd64"-tauglich.
Da hier viele Leute mit "altem Glump" spielen, ist das Folgende vielleicht für den einen oder anderen interessant.
Debian gibt es ja noch für die i386-Plattform, und nun gilt das Gleiche wie oben: Eine Neuinstallation ist machbar. Die Frage ist: Will man das? (Also ich nicht. ) Da kommt die Frage auf: Kann man von Ubuntu (Debian-basiert) zu Debian "crossgraden"?
TL;DR Ja.
Ausführliche Antwort: ... aber ...
Ich hab ein bisschen gesucht und z. B. ein Video gefunden, wo das jemand versucht; man muss es sich nicht anschauen, es klappt dort nicht und bringt wenig Erkenntnisse. Leider ist derjenige also gescheitert, er war aber vielleicht nicht geduldig genug.
In meinem Fall ist ein Lubuntu 20.04LTS i386 auf dem Ideapad installiert, das ich auf Debian Bullseye i386 crossgraden wollte. Wäre doch gelacht! Erstes Ergebnis: Es klappt, Debian bootet, wirft keine Fehlermeldungen, die Pakete sind alle aktuell. Irgendein Problem mit dem ntp.service habe ich noch, das muss ich mir noch ansehen. Außerdem steht derzeit auf der LXDE-Oberfläche rechts im Indikator-Feld "Keine Indikatoren". Das sind vermutlich Dinge, die sich lösen lassen. Mehr Zeit für Tests hatte ich noch nicht.
Vorgehensweise:
- /etc/apt/sources.list umbenennen und mit folgendem Inhalt neu erstellen:
deb [trusted=yes] http://deb.debian.org/debian bullseye main
deb-src [trusted=yes] http://deb.debian.org/debian bullseye main
deb [trusted=yes] http://deb.debian.org/debian-security/ bullseye-security main
deb-src [trusted=yes] http://deb.debian.org/debian-security/ bullseye-security main
deb [trusted=yes] http://deb.debian.org/debian bullseye-updates main
deb-src [trusted=yes] http://deb.debian.org/debian bullseye-updates main - Den Debian Keyring installieren (sonst kann man keine Software vom Debian-Archiv installieren):
wget http://ftp.ports.debian.org/de…-keyring_2021.1.1_all.deb
dpkg -i debian-archive-keyring_2021.1.1_all.deb - Die aktuellen Softwarestände aus dem Debian-Repository holen (das "allow unathenticated" ist wichtig, sonst klappt es nicht):
apt --allow-unauthenticated update - Crossgrade-Installation starten:
apt dist-upgrade
Nun fängt die Installation an und läuft eine ganze Weile. Irgendwann fangen die Probleme an - es sollen Pakete ersetzt werden, die noch Abhängigkeiten von anderen besitzen, und der Prozess bricht ab. Das ist der Punkt wo das obige Video endet. Der Kollege versuchte dann offenbar noch einen Reboot und die Kiste kam nie wieder hoch.
Jetzt kommt der Teil mit "etwas" Handarbeit. Man versucht zuerst einmal, die Installation irgendwie fortzusetzen:
- apt --fix-broken install -f
- apt dist-upgrade
- dpkg --force-all --configure -a
Irgendwann hat sich dann die Installation an einem bestimmten Paket gestoßen, das ein bestehendes Paket ersetzen will, dessen zu ersetzende alte Version aber noch von anderen als Voraussetzung geführt wird. Daher kann es nicht aktualisiert werden. Dem kann man abhelfen mit einer Kombination aus diesen Befehlen:
- dpkg --force-all -i /var/cache/apt/archives/nnnnnn.deb
- apt --fix-broken install -f
- apt dist-upgrade
- dpkg --force-all --configure -a
Bei mir waren es fünf oder sechs Pakete, an denen es sich konkret gestoßen hat. Man muss ggf. die Reihenfolge der obigen Befehle etwas variieren - je nachdem, welcher Fehler konkret erscheint.
Irgendwann half dann das auch nicht, beim Aktualisieren des "ntp.service" war Schluss mit lustig. Daher habe ich diesen kurzerhand mit
- systemctl disable ntp.service
deaktiviert und nochmals obige Befehlsreihenfolge durchgeführt, dann lief die Installation bis zum Ende durch. Kann man vielleicht für andere Services, die in anderen Fällen zicken, adaptieren.
Nach einem Neustart habe ich nochmals mit
- apt update
- apt dist-upgrade
überprüft, ob alles aktuell ist.
Und da bin ich jetzt.
Natürlich der Hinweis - DON'T TRY THIS AT HOME! Und wenn doch - selber schuld.
Gruß
kinzi