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letzter Beitrag von atomcode am

C64-Farben und Farbsehschwäche

  • Habe mal Fragen an alle, die eine Störung beim Farbsehen haben. (z.B. cp2)


    • Was sind so die größten Schwierigkeiten? Lassen sich bei einigen die Farben gar nicht zuordnen oder nur mühsam?

    • Wie ist es z.B. bei der Rot-Grün-Schwäche? Hellrot und Grün haben ja dieselbe Helligkeit. Deswegen also besonders schwierig zu unterscheiden?

    - Geht's mit Dunkelrot und Grün besser? Wie sieht man das überhaupt? Blass, grau, beige, oder beide orange? Oder verliert man gar "den Plan" von Farben?

    • Hilft es denn nicht, wenn man einfach die Farbsättigung stark aufdreht? Oder auch individuell für Rot, Grün oder Blau?


    Ist es wünschenswert, in den Fällen, wo die Farberkennung fürs Spiel wichtig ist, (optional!) die Information mit ein paar Pixeln (ähnlich Blindenschrift) und hohem Kontrast zusätzlich anzugeben? Das würde ich aber ganz nach hinten stellen und erst mal von vollem Farbsehvermögen ausgehen. Bei manchen Sachen werden sich Farben optional auch austauschen lassen. Ein Setup steht sowieso auf dem Plan.

  • Apropo Farbsehschwäche - das Gefühl habe ich bei mir auch, wenn ich dein Logo sehe, das war doch mal farbig?


    Die Frage nach dem "wie sieht man das überhaupt" ist wohl nicht zu beantworten, weil das Empfinden der Farbe nicht übertragbar ist. Wenn jemand eine rot-grün Schwäche hat (und davon gibt es ja wie auf der Webseite erklärt eigentlich 2 Varianten), dann hat derjenige gar keine Möglichkeit, die beiden Farben zu unterscheiden. Das kann sich einer ohne Farbsehschwäche kaum vorstellen. Ich kenne Leute, die Erdbeeren nur an der Form erkennen, wenn sie reif sind, weil sie dann die selbe "Farbe" haben wie die Blätter drum herum. Das rot fällt dann gar nicht auf.

  • Männer Frauen
    Rotblindheit ca. 1 % :( ca. 0,03 % :|

    Rotsehschwäche ca. 1 % :(
    ca. 0,01 % :|
    Grünblindheit ca. 1 % :(
    ca. 0,01 % :|
    Grünsehschwäche ca. 5 % =O
    ca. 0,35 % :(
    Blaublindheit / -sehschwäche ca. 0,005 % :)
    ca. 0,005 % :)


    Jeder 20. Jäger sieht dat Mammut im grünen Busch nicht? WTF? Und vor allem WHY?

  • das Gefühl habe ich bei mir auch, wenn ich dein Logo sehe, das war doch mal farbig

    Ja, wird's auch wieder in 4 Wochen. Dient mir hier als Dauererinnerung an Verstorbene. Erst so viele nette junge Leute aus dem Forum und jetzt noch mein Kumpel mit 54.


    Die Frage nach dem "wie sieht man das überhaupt" ist wohl nicht zu beantworten, weil das Empfinden der Farbe nicht übertragbar ist.

    Ich würde aber wenigstens gern wissen, wie die Unterscheidbarkeit (auf der Webseite sehen sie bei "Nur"-Schwäche nicht gleich aus) oder am besten die Zuordenbarkeit der Farben (nur die 16 des C64) bei einigen ist, da die Schwäche ja auch weniger stark ausgeprägt sein kann.


    Also, wenn da z.B. ein hellroter und ein grüner Schlüssel ist und eine hellrote und eine grüne Tür, die nur mit den passenden Schlüsseln aufgehen, ob sich das noch zuordnen lässt oder man abschalten kann. Und auch, ob das besser geht, wenn die Farbsättigung angehoben wird, z.B. bei Grünsehschwäche nur das Grün auf Vollschub und die anderen auf 50% oder so.

    Bei Farbblindheit wird wohl eh nichts davon gehen. Aber, wie oben schon angesprochen, ließe sich dafür sicher was mit zusätzlichen Mustern machen.

  • Ja, das habe ich auch gesehen, dass einige Leute von uns gingen. Da ich noch nicht so lange hier bin, kannte ich die allerdings nicht. Bei Klassentreffen fängt es auch an, dass der eine oder andere fehlt, das bleibt leider nicht aus, wenn man älter wird...


    Was die Farbsehschwäche angeht, gibt es einige Programme, mit denen man das simulieren kann. Damit kann man z. B. testen, ob die Farben bei Bildschirmmasken noch gut von den jeweiligen Personen noch unterschieden werden können. Hier mal nur ein paar Beispiele, die ich fand, aber nicht weiter angeschaut habe, Google spuckt noch viel mehr dazu aus:

    https://geoobserver.wordpress.…rbenblindheit-simulieren/

    http://www.farbenundleben.de/h…/projekte/farbenblind.htm

  • Wäre es nicht das das einfachste die Gegenstände entsprechend zu benennen? Also einfach noch einen Farbzusatz in der Objektbezeichnung hinzufügen so das man nicht rein auf das Farbsehen angewiesen ist. Man nennt den grünen Schlüssel also einfach "Grüner Schlüssel" und die Tür dem entsprechend "Grüne Tür", dann sollte das doch gehen.

  • Zum Thema Farb(fehl-)wahrnehmung hat die "Wissenschafts-Journalistin meines Vertrauens" Dr. Mai Thi Nguyen-Kim einen schönen Beitrag erstellt:



    Der Film legt u.a. nahe, dass wir eine Farbe erst "sehen" (im Gehirn unterscheidbar wahrnehmen), wenn wir sie benennen können. Ich kenne alte Texte, die den Himmel nicht als blau bezeichnen und die Heide als braun (statt violett).


    Und niemand von uns kann sagen, was ein anderer wirklich "sieht". Deshalb kann man auch nicht beschreiben, welche Farbe jemand empfindet, der eine Farb-Sehschwäche hat. Jemand kann zwar sagen, dass er rot und grün nicht auseinander halten kann – aber wie soll er uns mitteilen, welche Farben er stattdessen wahrnimmt – wir wissen ja nicht einmal was sein Grün oder Rot "ist", weil wir auch nicht wissen, was das Rot oder Grün ist, dass jemand ohne Fehlsichtigkeit empfindet. Wir haben uns schlicht sprachlich darauf geeinigt, dass z.B. eine reife Erdbeere rot ist – was aber im jeweiligen Gehirn beim Ansehen der Erdbeere empfunden wird, das wissen wir vom Gegenüber nicht. Mein "Rot" könnte dein "Gelb" sein (nur anders benannt) und es gibt keine Möglichkeit, das festzustellen.

  • Da kommen mir grad Ideen...

    - Simulation solcher Fehlsichtigkeiten müsste auch mit Farbprofilen gehen, so dass eine Art Proof in allen Anwendungen und auch Desktops möglich sein müsste.

    - Und eigentlich müsste auch der umgekehrte Weg mit Einschränkungen möglich sein: Farbprofile, die den Farbraum derart verknautschen, dass die schlecht unterscheidbaren Farben woanders hingemappt werden.

  • Zumindest die mangelnde Unterscheidung kann man natürlich simulieren. Im Prinzip ist das relativ gut untersucht, hier ein paar Links (zum Weiterschauen) auf die Schnelle:

    https://www.springerprofession…vision-deficiency/1803758

    https://thenode.biologists.com…h-flying-colors/research/

    https://www.kennethmoreland.com/color-advice/


    Übrigens ganz interessant zum Thema Farbwahrnehmung, die man sich nicht vorstellen kann: sucht mal nach Tetrachromatismus (beim Menschen)!

  • Genau! Daher "mangelnde Unterscheidung" und der Hinweis auf Tetrachromaten -- für Menschen mit "normaler" Farbwahrnehmung auch unvorstellbar :-)

  • Hm, kann ich helfen? Ich hab' eine leichte rot/grün-Schwäche, zumindest reicht es, um durch alle rot/grün-Tests zu fallen. Bin allerdings auch im gestalterischen Bereich beschäftigt und kann meine Wahrnehmungen ganz gut verbalisieren. Am ehesten, finde ich, kann ich es mit dem HSL-Modell beschreiben. Die Helligkeit der Farbe ist für das Entstehen des Farbeindrucks nicht entscheidend. Es ist die Sättigung. Unterhalb einer bestimmten Farbsättigung entsteht bei zarten rot/grün-Tönen kein Farbeindruck, dafür wirken mittlere Grautöne in einer kontrastarmen Umgebung u.U. grenzwertig grünlich. Der Farbeindruck lässt sich z.B. im hellen Sonnenlicht oder bei extremem Halogenlicht herstellen, wenn das Auge die Helligkeit kompensiert, aber die Farbsättigung erhöht ist.

  • Hier jetzt noch ein Nachtrag. ;-)

    Selektiv Farben aufzudrehen funktioniert nicht, weil dann der gesamte Farbeindruck kaputt geht. Bei rot/grün-Schwäche muss eine Mindestsättigung erreicht sein, um die Farbe zu sehen, der ästhetische Gesamteindruck ist ansonsten normal. Am ehesten wäre also eine gradadionskurvenartige Anpassung der Sättigung angebracht, wo geringe Sättigungen hochgezogen werden, aber schnell eine fast lineare Entwicklung zu gemeinsamen 100%-Werten erreicht wird. Leichtes Lila (also Blau mit sehr geringem Rot-Anteil - nicht auf die Gesamthelligheit oder -Sättigung bezogen! Also auch Tiefblau mit geringem Rotanteil!) erscheint z.B. komplett blau bzw. es erscheint einem ein Blau, das gestalterisch/ästhetisch ein wenig zu dunkel wirkt, weswegen man als Betroffener einen Lilaton erraten kann, ohne ihn zu sehen. DOS-ANSI-Hellgrün sieht fast identisch aus wie gelb. DOS-ANSI-Braun sieht wie ein Dunkelrot aus. Ich habe früher etwas ANSI-Art gemacht und, bevor ich eine Tabelle gemacht habe, Wikinger mit grünen Haaren oder einen Coca-Cola-Schriftzug auf Braun produziert.


    Eine unlösbare Herausforderung sind z.B. Karten im Atlas mit 20 Farben, darunter mehrere Farbtöne mit verschiedenen Sättigungen und Helligkeiten. Die sind einfach unlesbar. Da helfen nur Schraffuren. Schraffuren sind bei r/g-Schwäche generell eine Riesenhilfe, insbesondere bei Überlagerungskarten, denn die aus den Überlagerungen der Farbtöne resultierenden Farben sind auch wieder schlecht zuzuordnen. Unterschiedliche Schraffuren in verschiedenen Richtungen und Körnungen und Unterbrechungen lassen sich dagegen gut überlagern.


    Reines Rot und Grün lassen sich oberhalb einer bestimmten Intensität gut unterscheiden. Die Probleme mit reinen Farben gehen im (auch im gestalterischen!) Alltag gegen 0.

  • Der Film legt u.a. nahe, dass wir eine Farbe erst "sehen" (im Gehirn unterscheidbar wahrnehmen), wenn wir sie benennen können. Ich kenne alte Texte, die den Himmel nicht als blau bezeichnen und die Heide als braun (statt violett).

    Altgriechische Tempel waren bunt. Hauptsächlich Blau, Rot, Weiß.

    Ishtar-Tor aus Babylon: Blau-Gold
    Tausend Jahre vorher haben die Minoer Blau benutzt

    Tutenchamuns Totenmaske: Blau-Gold.

    Sumer vor knapp 5000 Jahren: Blau und Rot

    Indigo in Indien und Peru ca. 6000 Jahre.

    Viel weiter kann die Historie nicht zurückgehen.

    Blau war als Farbe verfügbar, Azurit war damals wohl der Hit, Indigo auch in Griechenland bekannt.

    Zumindest den Teil "Blau war als Farbe schwer verfügbar" würde ich so nicht stehen lassen wollen.


    "Azur", "Türkis" und "Indigo" sind auch alte Wörter. Wenn mich jemand nach Azur oder Indigo fragen würde, ich hätte keine Ahnung, sind für mich einfach "Blau", so wie Fuchsia für mich einfach "Rot" ist.


    Was ich gerne akzeptiere:
    In den abstrakteren Ebenen der Wahrnehmung basiert viel auf Mustervergleich und Training.

    Wenn man Blau, Grün und Violett trainiert hat und dann Indigo sieht, dann wird man das auf abstrakterer Ebene genau so einsortieren, wie man eine der anderen Farben einsortiert. Imho braucht es dazu aber kein "benennen".

    Wenn direkt 2 Farbfelder aneinanderstoßen, dann wird man die leicht trennen können, egal, ob man mit dem namen Indigo was anfangen kann oder nicht.

    Wenn man aber hin- und herblicken und das Gedächtnis bemühen muss, dann wird man es schwer haben.


    Der Farbeindruck lässt sich z.B. im hellen Sonnenlicht oder bei extremem Halogenlicht herstellen, wenn das Auge die Helligkeit kompensiert, aber die Farbsättigung erhöht ist.

    Wo wir grad alle so schön beisammen sind:

    Ich hab für mich noch keine Erklärung gefunden, warum mehr Licht für sattere Farben sorgt.

    Die HSL-Sättigung ist das Verhältnis von stärkstem zum schwächsten Farbkanal.

    Doppelt so viel Licht ändert ja nichts am Verhältnis - und trotzdem wirkt es satter.

    Hat da jemand ne schöne Erklärung für?
    Sowas wie "bloß nicht linear die Photonen vergleichen, sondern für die Sättigung vorher ne Kurve anwenden" oder sowas.

  • Zumindest den Teil "Blau war als Farbe schwer verfügbar" würde ich so nicht stehen lassen wollen.

    Blau war aber in der Natur selten so zu finden, dass man daraus deckende Farben herstellen konnte. Das macht sich z.B. beim Malen der Kleider von Maria (Mutter von Jesus) bemerkbar: die sind fast immer blau, das war halt die wertvollste verfügbare Farbe. Wurde aus blauen Edelsteinen gewonnen.


    Arndt

  • Bei den 3 ??? kann ich nicht mitreden, aber zum Video: ich sehe nicht, wie Du auf einem Monitor (3 für den Menschen wahrnehmbare Primärfarben) etwas darstellen kannst, was ein Tetrachromat aber kein Trichromat unterscheiden könnte. Alle Mischfarben sind Metamere zu realen Spektren, aber auf dem Monitor eindeutig durch die Tristimulus-Werte (RGB) definiert, also im Rahmen der wahrnehmbaren Differenzen unterscheidbar. Umgekehrt: 2 reale Spektren, die für einen Trichromaten metamer sind (also als gleiche Farbe wahrgenommen werden), können aber durchaus für einen Tetrachromaten unterschiedlich aussehen. Also, gehen wir besser davon aus, wir sind keine Tetrachromaten -- die Wahrscheinlichkeit ist da ganz auf meiner Seite der Argumentation ;-)

  • Übrigens ganz interessant zum Thema Farbwahrnehmung, die man sich nicht vorstellen kann: sucht mal nach Tetrachromatismus (beim Menschen)!

    Es gibt eine Folge von Die drei ???, wo das eine Rolle spielt. Und laut diesem Video wäre ich Tetrachromat (I don't buy it).

    Phonophobia. Das Life-Hörspiel. Ist auch mal im Free-TV übertragen worden.


    Quatsch, Phonophobia ist die Folge, wo es um das Zuordnen von Farben zu Tönen geht. Ne, die Folge zu Tetrachromatismus ist "Im Auge des Drachen".

  • ...Alle Mischfarben sind Metamere zu realen Spektren, aber auf dem Monitor eindeutig durch die Tristimulus-Werte (RGB) definiert, also im Rahmen der wahrnehmbaren Differenzen unterscheidbar....


    ...Umgekehrt: 2 reale Spektren, die für einen Trichromaten metamer sind (also als gleiche Farbe wahrgenommen werden), können aber durchaus für einen Tetrachromaten unterschiedlich aussehen...

    Das sehe ich auch so, aber der Test basiert nicht auf Metamerie.

    Die prüfen, wie gut ähnliche Farben zu unterscheiden sind.


    Nach meinem Verständnis funktioniert das nur, weil die Empfindlichkeiten im Auge alles andere als scharf begrenzt sind.

    Schick ein bisschen mehr Grün über den Monitor, und alle Zäpfchen werden darauf reagieren - egal, ob Du nur grüne oder grüne und gelbe hast.

    Farben werden im Auge als Differenz (oder Verhältnis?) verschiedener Zäpfchen "berechnet". AFAIK sind da schon im Auge spezialisierte Zellen für da, es geht gar kein RGB (+Helligkeit) ins Hirn.

    Diese Verschaltung im Auge ist wohl fest auf 3 Werte in Richtung Hirn festgelegt, echte Tetrachromaten können Menschen damit nicht sein.

    Aber offenbar verbessert sich doch die Unterscheidbarkeit, wenn an manchen Stellen Grün + Gelb oder Rot + Gelb statt nur Grün + Rot verrechnen kann.

    EDIT:
    Stäbchen haben auch eine spektrale Empfindlichkeit.
    IM PRINZIP wären also eh 4 verschiedene Sensoren im Auge, was Tetrachrmatik erlauben müsste.

    Wenn da halt nicht diese Verschaltung im Auge wäre, die alles auf 3 "Vergleiche" zusammendampft.

    Und das ist nur mein Verständnis des Ganzen, man kann sicher noch tiefer ins Thema rein.