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letzter Beitrag von Korodny am

C64 als Business-Rechner in den 80'ern

  • Genau das meine ich. So schwer wäre es nicht gewesen, sowas wie WordStar oder VisiCalc zu programmieren. Erfahrene Coder hätten das in einer Woche hingezimmert.

    Auch Datenkompatibel zu den cp/m und die MS-DOS Fassungen?

    Das halte ich für'n Gerücht daß man das in einer Woche hinkriegt.

    Vor allem: welches cp/m oder IBM-System konnte damals 1541er Floppies lesen und schreiben???

    Ungeachtet das CBM-DOS ein großes Manko hat:

    Es gibt keine 'Time-Stamps' bei den Dateien.

  • Bei Deinen Gedankngängen solltest Du aber auch bedenken, dass der C64 eben ein HOME Computer war. Der war ertmal fürs Wohnzimmer bzw heimische Büro konzipiert.
    Alleine ein MS-DOS war schon von der Basis ganz andersim Anspruch, als ein C64 der ins Basic Startete.

    Der Original-PC (IBM 5150) bootete auch ins Basic, wenn keine Diskette eingelegt war, ganz in der Tradition der Maschine, die er angreifen sollte, des Apple II.


    Generell muss man das gesamte Marktumfeld betrachten, nicht nur den IBM PC. Und man muss im Hinterkopf behalten, dass es bei Businessanwendungen idR nicht um reine Anschaffungskosten geht, sondern um Total Cost of Ownership (also Hardware + Software + Wartung + Schulungen + ...), gegen die ein (erhoffter) Produktivitätsgewinn gerechnet wird. Einsparungen bei der Hardware alleine fallen da kaum ins Gewicht, wenn die Produktivität darunter leidet.


    8-Bit-Rechner mit bis zu 64KB Speicher waren bei Arbeitsplatzrechnern für produktive Aufgaben eher in den späten 70ern Stand der Technik. Den Markt teilten sich um 1980 im wesentlichen Apple + Clones (Apple II, idR mit 80-Zeichen-Karte, oft mit CP/M-Karte) auf der einen Seite und die CP/M-Systeme auf der anderen Seite auf. In größeren Unternehmen kamen oft auch Minicomputer oder Großrechner mit Terminals zum Einsatz. Fast allen gemeinsam waren 80 Zeichen, vernünftige Tastaturen, und Massenspeichersysteme mit mindestens 2 Diskettenlaufwerken pro Rechner bzw. Festplatten am Mini-/Großrechner. Alles darunter, und die Produktivität hätte zu deutlich gelitten. 64kB waren für längere Texte und größere Spreadsheets ja auch schon arg knapp.


    1981 brachte IBM mit dem PC einen (wenn auch kastrierten) 16-bit Prozessor und bis zu 256 KB RAM an den Start, Anfang 1983 mit dem XT einen echten 16-bit Prozessor mit bis zu 640 KB RAM (mit Bill Gates' berühmten "ought to be enough for everyone"). Apple brachte zur gleichen Zeit mit der Lisa einen Vorgeschmack darauf, was machbar sein könnte, und legte 1984 den Macintosh nach.


    Wie hätte ein C-64 dagegen bestehen sollen? Keine 80 Zeichen, keine Speichererweiterung (die 17xx kamen erst mit dem C-128), ein Gewusel aus mindestens vier Geräten auf dem Schreibtisch, wenn man zwei Laufwerke will, nicht intern erweiterbar. Ein Rechner nach Art des C-128D, aber spätestens 1982, mit zwei Laufwerken, von Anfang verfügbarer Speichererweitung und einem nicht ausgebremsten CP/M-Modus hätte eventuell eine Chance gehabt, den Business-Markt aufzurollen. So war der 8bit-Zug abgefahren.

  • Genau das meine ich. So schwer wäre es nicht gewesen, sowas wie WordStar oder VisiCalc zu programmieren. Erfahrene Coder hätten das in einer Woche hingezimmert.

    Auch Datenkompatibel zu den cp/m und die MS-DOS Fassungen?

    Das halte ich für'n Gerücht daß man das in einer Woche hinkriegt.

    Nein, das meinte ich auch nicht. Was ich meine, ist ein Programm zur Textverarbeitung ähnlich Wordstar, mit dem man zB Briefe aufsetzen, abspeichern und ausdrucken kann -- am besten auf einem 24-Nadel-Drucker.

  • Ich weiß nicht wieso, aber mich treibt dieses Thema gerade um. Mein Vater war damals Chef einer Sauerkonservenfabrik und hat sich so ca. um 1983/84 bzgl. Mikrocomputern informiert...

    Doktorarbeit über Homecomputer als PDF


    In diesem Thread die PDF ziehen und lesen. Der gute Mann hat sich echt Arbeit gemacht. ^^ (sollte er wohl auch).

    Er geht auch abschleifend auf die "kleinen" Kisten in Betrieben ein.


    Stefan

  • Zumindest das kann man softwaretechnisch lösen. Sieht zwar nicht super fancy aus, aber es ist lesbar.

    Nicht in einer Qualität, die ergonomisch vertretbar war, und die man Mitarbeitern 40 Stunden pro Woche zumuten wollte. Und ja, das war damals schon ein Thema. Aus einer Bundestagsdrucksache von 1994 (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/067/1206781.pdf):


    Zitat

    Bereits 1978 ist ein vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in Auftrag gegebener Forschungsbericht „Anpassung von Bildschirmarbeitsplätzen an die physische und psychische Funktionsweise des Menschen" veröffentlicht worden, durch den ein wesentlicher Beitrag zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsmitteln, Arbeitsplätzen und Arbeitsumgebung für die Bildschirmarbeit und zur Versachlichung der Diskussion geleistet werden konnte. [...]

    Bereits Anfang der 80er Jahre haben die Unfallversicherungsträger „Sicherheitsregeln für Bildschirmarbeitsplätze im Bürobereich" und „Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zur Bildschirmarbeit" verabschiedet, die allgemein anerkannte Regeln der Technik über die Gestaltung von Arbeitsmittel, Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung sowie zur arbeitsmedizinischen Vorsorge enthalten.

    Ein C-64 mit Software-80-Zeichen hätte da keine Chance gehabt. (Und ja, ich habe so um 1987/88 Texte für die Schule mit Mastertext geschrieben. Ich weiß wie Software-80-Zeichen aussehen. Ich will sie nicht zurück.)

  • Zumindest das kann man softwaretechnisch lösen. Sieht zwar nicht super fancy aus, aber es ist lesbar.

    Nicht in einer Qualität, die ergonomisch vertretbar war, und die man Mitarbeitern 40 Stunden pro Woche zumuten wollte. Und ja, das war damals schon ein Thema. Aus einer Bundestagsdrucksache von 1994 (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/067/1206781.pdf):

    Vielleicht war deshalb der Apple II mit seiner schrecklich hohen Tastatur in Deutschland so wenig erfolgreich. ;-)

    Ein C-64 mit Software-80-Zeichen hätte da keine Chance gehabt. (Und ja, ich habe so um 1987/88 Texte für die Schule mit Mastertext geschrieben. Ich weiß wie Software-80-Zeichen aussehen. Ich will sie nicht zurück.)

    Ich weiß auch, wie sowas aussieht und finde es absolut nicht schlimm und gut lesbar.

  • Vielleicht war deshalb der Apple II mit seiner schrecklich hohen Tastatur in Deutschland so wenig erfolgreich. ;-)

    Ich weiß auch, wie sowas aussieht und finde es absolut nicht schlimm und gut lesbar.

    Die Tastatur war sogar etliches niedriger als manch eine Schreibmaschinentastatur.



    Ich weiß auch, wie sowas aussieht und finde es absolut nicht schlimm und gut lesbar.

    Es müssen auch Leute mit Sehschwäche am Bildschirm arbeiten.

    Seit ein paar Jahren (so etwa ab mein 55 Lebensjahr) habe ich durchaus Probleme kleine Schrift zu erkennen.

    Ohne Brille geht da kaum noch was.

    Man kann es drehen wie man will: die Softwarelösung für 80-Zeichen Darstellung war und ist immer noch eine Notlösung die nicht geeignet ist um 8 Std. täglich damit zu arbeiten.

  • Genau das meine ich. So schwer wäre es nicht gewesen, sowas wie WordStar oder VisiCalc zu programmieren. Erfahrene Coder hätten das in einer Woche hingezimmert.

    Mit 15 Jahren Berufserfahrung in der Anwendungsentwicklung möchte ich Dir sagen:


    Ha hahaha haha. Nein.


    Nicht from scratch. Nicht in Assembler. Nicht auf einer 8-Bit-Maschine mit ein paar zig KB RAM. (Datenpunkte: Die Entwicklung von Visicalc dauerte mehr als ein Jahr, einer der Entwickler schreibt darüber hier: https://rmf.vc/implementingvisicalc. Visicalc wurde zwar für, aber nicht auf einem Apple II geschrieben. Die Entwicklung erfolgte auf einem Großrechner unter Multics. Die Entwickler fanden es also schon 1978/79 wirtschaftlicher, Rechenzeit auf einem Großrechner zu mieten, als direkt auf einem 8-bit-Rechner mit <=64 KB Speicher und 40x25 Zeichen zu arbeiten.)


    Korrektur: "I started to program VisiCalc in November 1978 and we shipped the first production copy in October 1979." (von der o.g. Website). Es war also "nur" knapp ein Jahr.

  • (Und ja, ich habe so um 1987/88 Texte für die Schule mit Mastertext geschrieben. Ich weiß wie Software-80-Zeichen aussehen. Ich will sie nicht zurück.)

    Hmm, ich habe mir Mastertext mal angeschaut. Das verwendet doch den ganz normalen Zeichensatz.

    Zum editieren, ja. Es gibt aber noch eine Druckvorschau, die Software-80-Zeichen verwendet. Dafür war es gerade noch erträglich.

  • Es müssen auch Leute mit Sehschwäche am Bildschirm arbeiten.

    Seit ein paar Jahren (so etwa ab mein 55 Lebensjahr) habe ich durchaus Probleme kleine Schrift zu erkennen.

    Ohne Brille geht da kaum noch was.

    Man kann es drehen wie man will: die Softwarelösung für 80-Zeichen Darstellung war und ist immer noch eine Notlösung die nicht geeignet ist um 8 Std. täglich damit zu arbeiten.

    Entschuldige bitte, aber die Schrift ist alleine im kleinen VICE-Fenster doppelt so groß wie die Standard-Schrift im C64-Studio.

  • Die Entwickler fanden es also schon 1978/79 wirtschaftlicher, Rechenzeit auf einem Großrechner zu mieten, als direkt auf einem 8-bit-Rechner mit <=64 KB Speicher und 40x25 Zeichen zu arbeiten.)

    Ich glaube kaum, dass Entwickler bei Commodore ein solches Programm auf einem C64 programmiert hätten. ;-)

  • Entschuldige bitte, aber die Schrift ist alleine im kleinen VICE-Fenster doppelt so groß wie die Standard-Schrift im C64-Studio.

    Ach so.

    Ich wußte gar nicht daß Sie 82/84 schon mit VICE bzw. mit C64-Studio 'gearbeitet' haben.

    :thumbdown:

  • Entschuldige bitte, aber die Schrift ist alleine im kleinen VICE-Fenster doppelt so groß wie die Standard-Schrift im C64-Studio.

    Ach so.

    Ich wußte gar nicht daß Sie 82/84 schon mit VICE bzw. mit C64-Studio 'gearbeitet' haben.

    :thumbdown:

    ??? Ich fürchte, du verstehst nicht. Ich will damit sagen, dass die Schrift auf einem CRT-Monitor hinreichend groß gewesen wäre.

  • Habs mal ausprobiert... ^^

  • Ein C-64 mit Software-80-Zeichen hätte da keine Chance gehabt. (Und ja, ich habe so um 1987/88 Texte für die Schule mit Mastertext geschrieben. Ich weiß wie Software-80-Zeichen aussehen. Ich will sie nicht zurück.)

    Ich weiß auch, wie sowas aussieht und finde es absolut nicht schlimm und gut lesbar.

    Wieviel Stunden täglich arbeitest du denn in diesem 80 Zeichen-Modus? Stell dir vor, du müsstest das 8 Stunden/5 Tage die Woche machen.

    Und das während der Kollege bei einer anderen Firma an einem gestochen scharfen, flimmerfreien Monochrom-Monitor mit 720 × 348 Pixelauflösung arbeitet. Den Mitarbeiter möchte ich sehen, der da nicht beim Chef vorstellig wird und ordentliches Arbeitsgerät einfordert.


    Mach doch mal einen Selbstversuch. ;)


    Und wie sieht es aus mit der QUERTY-Tastatur? IBM-kompatible hatten angepasst Tastaturen für jedes Land. Ein absolutes Muss für Computer, die als Schreibsystem (Schreibmaschinenersatz) eingesetzt wurden.

  • Ich weiß auch, wie sowas aussieht und finde es absolut nicht schlimm und gut lesbar.

    Im typischen Heim-Anwendungsfeld, mit einem Home Computer, ja. Geburtstagseinladungen drucken, Einkaufszettel schreiben, Schallplattensammlung verwalten. Hier mal'n bisschen, da mal'n bisschen. Aber in einem produktiven Umfeld, gar Büro? Wo man den ganzen Arbeitstag, die ganze Arbeitswoche damit umzugehen hat? Sei mir nicht böse, aber ganz im Ernst: vergiss es. Und das sage ich als jemand, der seit Jahrzehnten primär schreibend (und ergo auch lesend) tätig ist. Per Software in 40 Zeichen an Pixelverfügbarkeit gestauchte 80 Zeichen pro Zeile kann man einer Arbeitskraft dauerhaft nicht zumuten. Das würde auch ein Chef so sehen (sofern er bei klarem Verstand ist), der für seine Bildschirmarbeitsplätze Hardware evaluiert - er würde nicht das nehmen, was schlechter lesbar und anstrengender für die Augen ist.


    Das war schon 1982/83 einer der Knackpunkte, an dem die CP/M-Karte für den C64 so krachend gescheitert ist (neben Diskettenformat, Speicher, und Zuverlässigkeit) - die ja so irgendwie dafür gedacht war, den Heimcomputer C64 auch in professionelle Sphären zu erheben. Zumindest in den feuchten Träumen von Teilen des Commodore-Marketings. Aber realistisch war das nie, eben aufgrund solcher kritischen Unzulänglichkeiten im Vergleich zur Konkurrenz in diesem Sektor. Der C64 kann gewisse professionelle Aufgaben in sehr überschaubarem Rahmen sicherlich ganz gut erledigen, wenn man ihm entsprechende Software und eventuell Hardware dazu gibt. Aber in seinem Wesen ist er ein Heimcomputer und wenig für "richtiges Arbeiten" geeignet. Er hatte im professionellen/geschäftlichen Sektor nie eine Chance. (Sollte er auch garnicht.)


    In Sachen Arbeitsergonomie, speziell der des klobigen Gehäuses und der Tastatur: wäre es nach den Entwicklern gegangen, hätten sie dem C64 schon beim Erscheinen ein flaches Gehäuse ähnlich dem des C64C verpasst. Sie empfanden diese klotzige Klobigkeit, die später Kult wurde, als ziemlich fürchterlich. Dass der C64 im Grunde aussieht wie ein VC20 liegt allein daran dass das die einzigen gerade greifbaren Gehäuse waren als man die Prototypenplatinen in irgendwas hineintun musste, und dabei blieb es dann (erstmal).

  • Als der IBM PC auf den Markt gekommen ist, gab es ja noch keinen C64. Da hatte Commodore mit den CBM Computern, besonders mit dem CBM 8032,

    einen sehr großen Marktanteil in Deutschland. Auch durch ihr Erscheinungsbild wirkten diese Computer professionell.

    Der IBM PC hatte nach seinem Erscheinen auch einen großen Vorteil den anderen Computersystemen gegenüber: Sehr viele Firmen und Behörden hatten

    zu dieser Zeit Schreibmaschinen oder große Computeranlagen von IBM, waren schon Kunde. Da ist es nur logisch wo die Ihre Hardware gekauft haben.

    Ich schätze mal, als der C64 1982 auf den Markt kam, war der Zug im Bürobereich schon abgefahren. Der Textmodus von 40x25 Zeichen und das kleine

    Kunststoffgehäuse waren wohl auch nicht die beste Werbung. Anfangs hatte man den C64 auch als Arbeitscomputer beworben, das hat man aber schnell

    wieder aufgegeben.


    Björn

  • Wieviel Stunden täglich arbeitest du denn in diesem 80 Zeichen-Modus? Stell dir vor, du müsstest das 8 Stunden/5 Tage die Woche machen.


    Im typischen Heim-Anwendungsfeld, mit einem Home Computer, ja. Geburtstagseinladungen drucken, Einkaufszettel schreiben, Schallplattensammlung verwalten. Hier mal'n bisschen, da mal'n bisschen. Aber in einem produktiven Umfeld, gar Büro? Wo man den ganzen Arbeitstag, die ganze Arbeitswoche damit umzugehen hat? Sei mir nicht böse, aber ganz im Ernst: vergiss es. Und das sage ich als jemand, der seit Jahrzehnten primär schreibend (und ergo auch lesend) tätig ist. Per Software in 40 Zeichen an Pixelverfügbarkeit gestauchte 80 Zeichen pro Zeile kann man einer Arbeitskraft dauerhaft nicht zumuten. Das würde auch ein Chef so sehen (sofern er bei klarem Verstand ist), der für seine Bildschirmarbeitsplätze Hardware evaluiert - er würde nicht das nehmen, was schlechter lesbar und anstrengender für die Augen ist.

    Ihr habt ja recht. Ich möchte hier nur einwenden, dass das früher nicht so wichtig war - zumindest nicht in den USA, wo man Leute mit dem Macintosh hat arbeiten lassen. Ihr wisst, wie klein der Bildschirm ist. Das ist für's Auge sicherlich schädlicher als 80 Columns auf dem C64 mit einem ordentlichen CRT-Monitor.